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angesprochene (aber in der Frühen Neuzeit offensichtlich nicht aktiv praktizierte) Recht
der ersten Bitte, welches hier die Grundlage ihres Handelns bildete. Vielmehr dürfte es ein
generell vorhandenes Selbstverständnis der Kaiserin als Fürbitterin gerade auch im geist-
lichen Bereich gewesen sein, das zum Ausgangspunkt ihres Agierens im Fall Herford wurde.
Etwa zur gleichen Zeit waren Eleonora Magdalena von Pfalz-Neuburg und ihre
Schwiegertochter Amalie Wilhelmine von Braunschweig als Fürsprecherinnen in eine
andere Angelegenheit involviert, die für die Verfassungspraxis des Heiligen Römischen
Reiches von einiger Relevanz war: Kaiser Leopold I. hatte 1692 der Erhebung des Fürs-
tentums Calenberg zum Kurfürstentum zugestimmt200, wodurch aus den Herzögen von
Braunschweig-Calenberg-Hannover Kurfürsten wurden. Diese Entscheidung über eine
signifikante Rangerhöhung war sowohl im Reich wie unter den Linien des Welfenhauses
umstritten und die Anerkennung der Kurwürde am Reichstag zu Regensburg wie im Kur-
fürstenrat mit großen Schwierigkeiten verbunden. Sie zog sich über Jahre hin und wurde
schließlich erst 1706 bzw. 1708 abgeschlossen201.
Bis dahin hatte es viele Einzelschritte gegeben, und in diesem Zusammenhang waren of-
fensichtlich Fürbitten der beiden genannten Damen erfolgt. So bedankte sich Kurfürst Georg
Ludwig von Braunschweig, der nebenbei bemerkt zu den regelmäßigen Neujahrsgratulanten
gehörte, im November 1699 bei Kaiserin Eleonora Magdalena, nachdem sich die Gesandten
von Kurtrier, Kurköln und Kurpfalz in Regensburg wegen der Hannoverschen Kurwürde
geeinigt hatten. Sie werde darüber sehr erfreut sein, schrieb er, angesichts „des großen theils,
den sie selbst an bewirckung dieses mir so erfreulichen erfolgs“ gehabt habe202. Zugleich bat
er um ihre weitere Unterstützung der „chursache“ hinsichtlich seiner Introduktion in das
Kurkolleg. Dabei war die Kaiserin offenbar durch eine Intervention bei ihrem Bruder, dem
Kurfürsten von der Pfalz, den braunschweigischen Interessen entgegengekommen203.
Unterstützung erfuhr die Angelegenheit zudem von Seiten Königin Amalie Wilhelmi-
nes, die etwa 1703 dem Kurfürsten versicherte, sie werde Gelegenheit nehmen, diese weiter-
200 Press, Kriege und Krisen, 435–437; zur publizistischen Widerspiegelung Arndt, Herrschaftskon-
trolle, 297–338; generell Schnath, Geschichte Hannovers.
201 Dies war verbunden mit Wiederzulassung der böhmischen Kurstimme, die nach 1648 zugunsten
der achten Kur (Pfalz) ausgesetzt worden war, siehe Wilson, Heart of Europe, 410; zur böhmi-
schen Kur Begert, Böhmen.
202 NLAH, Cal. Br. 11, Nr. 1275, fol. 8r–9v, 15.11.1699, Zitat fol. 8v. Entsprechende Formulierungen
enthalten auch die Schreiben an den Kaiser und an Joseph I. Zu Eleonoras Engagement 1696 siehe
Schnath, Geschichte Hannovers, Bd. 2, 77.
203 NLAH, Cal. Br. 11, Nr. 1312, 13.01.1700: Kaiserin Eleonora Magdalena versichert ihre Freude über
die Entscheidung ihres Bruders, des Kurfürsten von der Pfalz, und „daß ich in allen begebenheiten
gleichmäsßig iederzeit alles gern beytragen werde, waß zu dero interesse, vnd vergnüeglichen satis-
faction immer gedeyen mag.“
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
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Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Title
- Die Kaiserin
- Subtitle
- Reich, Ritual und Dynastie
- Author
- Katrin Keller
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 430
- Keywords
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427