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Einführung14
b) Die aus gerechtfertigter curiositas resultierenden, persönlichen Einsichten in die
Natur (insbesondere 1336 die Besteigung des Mont Ventoux durch Petrarca)
führen zur Entstehung des literarischen Reiseberichts als Mittel der Erschlie-
ßung des Buches der Welt, in dem gleichermaßen Zeichen der Allgegenwart
Gottes wie der menschlichen Kultur (Denkmäler der Antike, Erforschung frühe-
rer Texte) zu finden sind.
c) Die daraus abgeleitete Kritik an den früheren Autoritäten bereitet zweifellos eine
neue Erfahrungswissenschaft und eine persuasivere Darstellung ihrer Ergebnisse
vor.
d) Auf die Arbeit mit Texten übertragen, begründet diese Haltung die humanisti-
sche Philologie, für die Petrarca mit seiner Livius-Edition, seinen Handschrif-
tenfunden und seinem Gutachten über das österreichische Privilegium maius die
Grundlagen schafft.
e) Die Verbindung von Wissen, Weisheit und Beredsamkeit, die – ebenfalls gegen
frühere Ausbildungsmodelle gerichtet – aus der Rhetorik einen zentralen Bereich
der Verarbeitung und Vermittlung menschlicher Erfahrung macht, wodurch der
Erwerb der eloquentia nicht mehr als technische Fertigkeit, sondern im Sinne Ci-
ceros als copiose loquens sapientia (wortreich redende Weisheit) angestrebt wird.
Petrarca reklamiert daher für sich die von Cato überlieferte Definition des Red-
ners als vir bonus dicendi peritus (aufrechter, redegewandter Mann).
f) Zentral ist darüber hinaus Petrarcas Wahl der später vom Humanismus wegen
ihrer persuasiven Kraft bevorzugten Ausdrucksmittel des Briefes und des Dia-
logs, die sich einer Argumentation der rhetorischen Überzeugung und nicht des
logischen Beweises bedienen.
g) Wichtig ist auch die Gattung der Autobiographie, die als ideale Verschmelzung
von doctrina, virtus und eloquentia Zeugnis vom Ergebnis des studium und der
Kraft der litterae ablegt.
h) Schließlich gehört auch die diglossive Funktionalstilistik, die eine klare Trennung
zwischen den Ausdrucksebenen vorsieht (die Volkssprache wird nur dem emoti-
onalen Bereich der Liebeslyrik gerecht, prestigereichere Genres haben sich der
aemulatio in Latein zu stellen), zu den Grundlagen der neuen Geistesströmung,
die ohne Zweifel früher und intensiver als bisher in der Forschung angenom-
men in den deutschsprachigen Ländern die Aufmerksamkeit der Kulturträger
erweckt.
Mit den ab dem Beginn des 15. Jahrhunderts einsetzenden Studienaufenthalten
deutschsprachiger Studenten an den Universitäten Bologna, Padua, Pavia und Peru-
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549