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Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Volume I
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Thematisch bieten die musikdramatischen Werke der zweiten Hälfte des 17. Jahr- hunderts, welche bis auf ganz wenige Ausnahmen immer auf italienischen Libretti beruhen, eine begrenzte Anzahl von Stoffen, welche inhaltlich je nach Art der ge- wünschten Anspielung auf aktuelle Fragen ausgewählt und ausgearbeitet werden. Neben den pastoralen und bukolischen Themen der kleinen Libretti, welche be- kannte mythologische Motive mit Hilfe z. B. von neuen Gründungslegenden, Fluss- göttern oder Orakelsprüchen auf die unmittelbare Gegenwart übertragen, zeichnen sich vor allem die Wiener Faschingsopern durch ihre in manchen Fällen bemer- kenswerte Offenheit in der ironischen Interpretation historischer Ereignisse aus, so dass einerseits bestimmte Mitglieder der Hofgesellschaft bloßgestellt werden und andererseits die gesamte Hofgesellschaft über sich selbst in einem grotesken, in der Vergangenheit angesiedelten Spiegelbild der gegenwärtigen Umstände lacht. Diese relative Freiheit der Parodie scheint wohl nur durch die Tatsache möglich, dass in dieser Epoche der Kaiser selbst in eine über Jahrzehnte stabile Gruppe von Künst- lern (Librettisten, Komponisten, Bühnenbildner und Choreographen) eingebunden ist, welche am Höhepunkt ihrer Perfektion die Wiener Hofoper tatsächlich zu einer festlichen und politischen Repräsentation des Hofes durch den Hof selbst machen. Die ausdrucksstärkste Gattung des höfischen Festprogrammes ist dabei ohne Zweifel das historische Libretto der großen, drei- bis fünfaktigen Oper, in der die aktuell wichtigen ideologischen Themen in Aufführungen dargestellt werden, deren Aufwand jegliche selbst für Hofopern sonst übliche zeitliche und finanzielle Dimen- sionen sprengt. Bei einer weiter gefassten Definition des historischen Librettos, die auch mythologische Stoffe einschließt (ganz wie das der Tradition der antiken Ge- schichtsschreibung bei Herodot oder Livius entspricht), können diese Libretti als eine Kombination von Geschichte und Fiktion bezeichnet werden, wobei das histo- rische Element immer dem Prinzip der historia magistra vitae gehorcht und folglich als Vergleichsbasis für die panegyrische Allegorie am Schluss der Stücke herangezo- gen wird, während die sentimentale Fiktion lediglich Unterhaltungscharakter hat. Bei der erstaunlichen Vielfalt ihrer Themen konzentrieren sich die Librettisten der Hofopern dieser Zeit vor allem auf vier Gebiete: die orientalisch-antike Über- lieferung, die griechischen Stoffe, die römische Geschichte, sowie mittelalterliche Themen. Ein wichtiges Auswahlkriterium stellt natürlich die Übertragbarkeit der allegorischen Inhalte auf die zeitgenössische Situation bei Hof und den Anlass des Stückes dar. Eines der gelungensten Beispiele dafür ist sicher Nicolò Minatos Il fuoco eterno custodito dalle Vestali (1674), worin das im republikanischen Rom von den Ves- talinnen gehütete Feuer mit dem Haus Österreich gleichzusetzen wäre, das Claudia (= Kaiserin Claudia Felicitas) dadurch wieder entfacht, dass sie das Schiff mit dem Einführung 21
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Die italienische Literatur in Österreich Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Die italienische Literatur in Österreich
Subtitle
Von den Anfängen bis 1797
Volume
I
Author
Alfred Noe
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2011
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78730-3
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
780
Keywords
Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
Categories
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Table of contents

  1. Einführung 9
  2. I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
    1. I.1 Francesco Petrarca in Prag 28
    2. I.2 Enea Silvio Piccolomini in Wien 35
    3. I.3 Die Humanisten an den Höfen und Universitäten 56
    4. I.4 Die Panegyrik für Maximilian I 64
    5. I.5 Die Späthumanisten zwischen Wien und Prag 72
  3. II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
    1. II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
    2. II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
    3. II.3 Barocke Akademien 92
    4. III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
    5. III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
    6. III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
    7. III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
  4. IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
    1. IV.1 Italienische Truppen in Österreich und Böhmen 143
    2. IV.2 Die Commedia dell’arte im österreichischen Musiktheater des 17. und 18. Jahrhunderts 157
    3. IV.3 Italienische Texte der deutschen Wanderbühne in Österreich 188
  5. V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
    1. V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
    2. V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
    3. V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
    4. V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
    5. V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
    6. V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
    7. V.7 Aufzüge und Rossballette 302
    8. V.8 Musikalische Feste 305
    9. V.9 Faschingsopern 314
    10. V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
    11. V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
    12. V.12 Hochzeitsopern 375
  6. VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
    1. VI.1 Die Kontakte der italienischen Frühaufklärer zum Wiener Hof 393
    2. VI.2 Die geistlichen Libretti der Generation vor Metastasio 399
    3. VI.3 Die weltlichen Libretti der Generation vor Metastasio 419
    4. VI.4 Pietro Metastasio – der Hofdichter als Monument 449
  7. VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
    1. VII.2 Die neuen Leidenschaften im Libretto 504
    2. VII.3 Die italienischen Reformbewegungen und Österreich 524
  8. VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
    1. VIII.1 Die Drucker italienischer Werke 531
    2. VIII.2 Das Libretto als wichtigste Gattung 538
    3. VIII.3 Übersetzungen in das Deutsche 540
    4. VIII.4 Die Präsenz in den Bibliotheken 545
  9. IX. Verzeichnis der Drucke 549
    1. Bibliographie 685
    2. Riassunto 713
    3. Personen- und Titelregister 725
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