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Humanisten an den Höfen und Universitäten
Arbeitstechniken des italienischen Humanismus in Österreich weiter zu verbreiten,
wie aus einer Klosterneuburger Handschrift mit Komödien von Terenz ersichtlich
ist. Die dem Text beigefügten Glossen und der Kommentar belegen erste Emendati-
onsversuche bezüglich der Textqualität und Ansätze zur philologischen Konjektural-
kritik.
In diesem Zusammenhang scheint auch die Präsenz von Kardinal Bessarion
1460 – 61 als päpstlicher Legat in Wien erwähnenswert, weil seine eminente Bedeu-
tung als Vermittler der byzantinischen Kultur nach Westeuropa wohl auch den hier
ansässigen Intellektuellen bewusst wird. In seiner Begleitung befindet sich außerdem
der italienische Grammatiker Niccolò Perotti (1429 – 80), dessen Rudimenta gram-
matices 1468 fertig gestellt und 1473 in Rom bei Konrad Sweinheim und Arnold
Pannartz gedruckt werden.
1469 wird Giovanni Stefano Emiliano (~1449 – 99) aus Vicenza von Friedrich III.
zum Dichter gekrönt. Er wirkt unter seinem latinisierten Namen Helius Quinctius
Aemilianus Cimbriacus95 1486 – 93 am kaiserlichen Hof und verfasst neulateinische
Panegyrik für Friedrich III. und den jungen Maximilian in der Tradition der imita-
tio von Vergil, Ovid, Martial, Juvenal und Statius. Seine Encomiastica ad Divos Caes.
Fredericvm et Maximilianvm Regem Roman.96 beinhalten ein Epos über die wohltä-
tige Regierung von Friedrich III., die Königswahl von Maximilian im Jahr 1486 und
die politischen Konflikte in den südlichen Niederlanden. So schreibt er über seinen
olympischen Dienstgeber:
Astra deo nihil maius habent, nil cesare terra;
Si terram cesar, sic regit astra deus.97
Trotz aller öffentlichen Anerkennung und Förderung klagt Emiliano – ähnlich wie
schon Piccolomini (De miseriis curialium) – über seine ökonomisch schlechte Posi-
tion bei Hof, die ihm nur bescheidene Entfaltungsmöglichkeiten biete.
Wesentlich erfolgreicher im Hofdienst ist Pietro Bonomo (Petrus Bonomus,
1458–1546),98 Sohn eines kaisertreuen Wachoffiziers aus Triest, dessen Familie im
Konflikt zwischen Venedig und dem Herzogtum Krain 1468 den Habsburgern die
95 Lhotsky: Die Wiener Artistenfakultät, S. 192.
96 Die erste Fassung von 1488 findet sich im Codex Oenipontanus 664; Auszüge davon in Anton Zingerle
(Hg.): De carminibus latinis saeculi XV et XVI ineditis. Innsbruck 1880. – Die beinahe doppelt so lange
zweite Fassung erscheint 1504 bei Aldus Manutius in Venedig und 1512 bei Schürer in Straßburg.
97 Zingerle (Hg.): De carminibus latinis, S. 47.
98 Stefano di Brazzano: Pietro Bonomo (1458–1546), diplomatico, umanista e vescovo di Trieste. La vita e
l’opera letteraria. Triest 2005.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549