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Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in
Österreich94
weist die vermutlich in Wien 1656 gedruckte Ausgabe seiner Poesie diverse composte in
hore rubate. In den darin enthaltenen geistlichen Gedichten dominieren erwartungs-
gemäß die Themen der Passion Christi (z.B. Sopra la morte di Christo) und der Ver-
gänglichkeit des Irdischen (z.B. Vanitas), zumeist in Madrigalen aus elf- und sieben-
silbigen Versen. Formal den Madrigaltexten aus den Vertonung dieser Zeit sehr nahe
stehend, adaptieren diese Gedichte das petrarkistische Konzept der Antithese am
Beispiel des Gegensatzpaares vita – morte und führen diese in die aus Petrarcas Trionfi
(Triumphus Æternitatis) bekannte Programmatik des Heils in der christlichen Ewig-
keit über. In den Liebesgedichten hingegen wird Petrarcas leidenschaftliche Lust am
Schmerz (voluptas dolendi) auf die Ebene einer sanften Ironie transponiert, wie in dem
charmanten Wechsel von Versen aus 7 und 11 Silben in Absenza amorosa:
Io vivo, e pur non vivo,
Che di mia vita e cuor mi sento privo:
Io moro, e pur non moro,
Perche non trovo ristoro,
Pensando a te mia vita,
O dura dipartita.
O pur severo amore,
Ch’io viva senza vita
E spiri senza cuore;
Ch’io mora ogn’or, vivendo
E viva ancor, morendo.188
Die petrarkistischen Verweise in diesen Gedichten tragen stark den Charakter von
poetischen Übungen und gefallen sich in der Deklination verbreiteter Motive (occhi,
ciglia, sguardi, lampi, stelle, saettate…) mit den ausgefeilten Anrufungen der verehrten
Damen, in diesem Fall der Kaiserin Eleonora.
Ebenso im Rahmen der Aktivitäten dieser Akademie veröffentlicht Erzherzog
Leopold Wilhelm unter seinem Akademienamen eine Gedichtsammlung mit dem
Titel Diporti del Crescente divisi in rime morali devote heroiche amorose. Darin richtet er
zunächst an seinen Bruder die poetische Aufforderung, neben den für einen Herr-
scher notwendigen Waffen die Musen nicht zu vernachlässigen:
V’ingannate, o Guerrieri,
Se le muse sprezzate,
188 Zitiert nach Kanduth: Das geistlich-weltliche Konzept, S. 209.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549