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Die italienische
Improvisationskomödie166
drammatica musicale Gli Amori d’Apollo con Clizia (1671) von Amalteo tritt ein Lesbino
servo faceto auf; in der Composizione dramatica L’Oronisbe per musica (1663) von Antonio
Draghi unterhält ein Bimbleo Gobbo das Publikum mit ähnlichen Szenen wie Cimerone
Bifolco in Draghis L’Alcindo per musica (1665); in Draghis Drama per musica La Cloridea
(1665) produziert sich ein Schiriffo, servo gobbo; in dem Drama per musica L’Onore tri-
onfante (1666) von Domenico Federici ein Isopo, servo faceto. Insgesamt alles Figuren,
die ebenso wie die Masken der Commedia dell’arte, von welchen sie abgeleitet sind,
durch ihren Namen, durch ihr Aussehen und durch ihre Sprache die Heiterkeit der
Zuschauer auslösen. In Draghis im dritten Band der erwähnten Sammlung enthalte-
nen Gli Amori di Cefalo e Procri (1668) tritt wieder ein Satiro auf; in Draghis Drama
per musica Apollo deluso (1669) eine komische Figur, die ausdrücklich als Liro servo
sciocco bezeichnet wird.
Diese allzu einfältigen Diener, die durch ihre übertriebenen menschlichen
Schwächen die Heiterkeit der im Zuschauerraum sitzenden Führungspersönlich-
keiten auslösen, gehören offenkundig zur Personenkonstellation des Wiener Mu-
siktheaters der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts: so tritt im Januar 1666 in der
anonymen Introduttione dramatica al Gioco delle sorti ein als Molo Sciocco qualifizierter
Diener auf, während im Februar 1689 in Ottavio Malvezzis La Rosaura, overo Amore
Figlio della Gratitudine zu der Musik von Antonio Draghi und Kaiser Leopold I. so-
wie der Ballettmusik von Andreas Anton Schmelzer, dem Sohn von Johann Heinrich
Schmelzer, ein Filone, vecchio sciocco seine unfreiwilligen Späße reißt.
In welchem Ausmaß die Figuren und die Grundsituationen der italienischen
Improvisationskomödie zu dieser Zeit am Wiener Kaiserhof präsent sind, illustriert
eine im vierten Band der zitierten Sammlung überlieferte Comedia von Michele Con-
sonio aus dem Fasching des Jahres 1673 mit dem Titel Chi ama speri, e chi ha tempo ha
vita, in der in einer Bearbeitung von jungen höfischen Amateuren die aufgelisteten
Figuren von Timelino servo goffo, Prasedia vecchia, Dottore und Capitano in einer seltsa-
men Ausformung des venezianischen Dialekts ihr Publikum bestens unterhalten.
Auch Nicolò Minato (1620/25– 98), der im Dienst von Leopold I. als ohne Zwei-
fel in Bezug auf Quantität und Qualität überragender kaiserlicher Hofdichter mehr
als 150 Werke verfasst,362 erfindet eine variationsreiche Anzahl von komischen
Dienerfiguren für das Musiktheater, vom einfältigen Bauern mit seinen mehr als
362 Eine erste vollständige Erfassung seiner Werke findet sich in Alfred Noe: Nicolò Minato. Werkverzeich-
nis. Wien 2004. Vgl. auch Maria Girardi: Da Venezia a Vienna: le ‚facezie teatrali‘ di Nicolò Minato. In:
Ivano Cavallini (Hg.): Il diletto della scena e dell’armonia. Teatro e musica nelle Venezia dal ’500 al ’700.
Rovigo 1990, S. 189 –265, und Maria Goloubeva: The Glorification of Emperor Leopold I in Image,
Spectacle and Text. Mainz 2000.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549