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Commedia dell’arte im österreichischen Musiktheater des 17. und 18. Jahrhunderts
Menschliche Deformationen und den einfachen Geist verstörende Neuheiten sind
hingegen die Faktoren, welche die Dienerfiguren der Heiterkeit des Publikums
preis
geben, das seine materielle Überlegenheit und seinen weiteren geistigen Hori-
zont angesichts der kindischen Reaktionen von Harlekinen und Landmädchen ge-
nießen kann. Telo, die Schäferin Olinda und die alte Macrina geraten in einen für
die Commedia dell’arte klassischen Disput über das Verschwinden einer Uhr, also
eines für sie mysteriösen Objekts mit einem noch dazu unaussprechlichen Namen:
Te: Che manca? Ma: Vn Oriuolo.
Te: Che? Oli: Che? Ma: Vn Orologlio,
Il uolgo dice. Ol: Vn Gorgoroglio? Te: Oh stelle!
Vn Goroglioglio. Oli: Oh bene.
Ma: Vn Orologlio. Te: Anch’io
Son intricato à fè. Ma: Vn Orologlio.
Te: Ah, sì, sì. Vn Orgoglioglio.
Ma: Vn Oro- Te: Oro- Ma: Loglio. Te: Loglio.
Te: Vn Giogliroglio. Addio
Più che lo dico à fè io più m’imbroboroglio. (S. 29f.)
Die erregten Diskussionen zwischen Telo und dem Koch Pizzardone spiegeln in
ihren absurden Spekulationen die akademischen Dispute zwischen verschiedenen
Schulen wider und bedienen sich dabei typischer Repliken des Dottor Gratiano der
Commedia dell’arte. Minato imitiert bei dieser Gelegenheit sogar die charakteristi-
sche Sprache dieser Figur, nämlich ein völlig deformiertes Latein, das zum großen
Amüsement des gebildeten Publikums als eine Art Geheimcode zwischen dem Die-
ner und der alten Kupplerin zum Einsatz kommt. Des Diebstahls beschuldigt und
gefesselt, wendet sich Macrina in diesem komischen Maccheronilatein des Dottore
an Telo, damit er sie losbinde, anstatt ihr eines seiner unerträglichen Lieder vorzu-
singen:
Te: Sì? Ergo loqueramus.
Ma: Loquereremus. Solve
Manis meis. Te: Tam prestum?
Ego nolis: audi mea carmina prius.
Sed: non recordor adessum.
Ma: Solve manis meis, cantabis postea totum.
Te: Gratatio capitis faciet venire debotum.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549