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Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im
Barock270
hohen Adels gestaltet wurde. Im Hause Habsburg sind zudem einige Mitglieder
mit beachtlichen kompositorischen Fähigkeiten hervorgetreten, wie Ferdinand
III., Leopold I. und Joseph I.537
Die produktive Rezeption aller Ausformungen des italienischen Musiktheaters in den
österreichischen Ländern ist daher vorwiegend an die vom Kaiserhof und einigen
lokalen Fürstenhöfen (Salzburg, Innsbruck und Graz) gesetzten Initiativen gebun-
den, welche in der Anfangszeit von direkten Einflüssen vorwiegend aus Norditalien
(Mantua und Venedig) ausgehen.538 Bei den bereits im Kapitel über die Commedia
dell’arte beschriebenen Krönungsfeierlichkeiten in Ödenburg 1622 treten zwar auch
Sänger (darunter der berühmte Francesco Campagnolo, der schon in Salzburg an den
oben erwähnten Opernaufführungen mitwirkt)539 auf, das Sprechtheater aber steht
neben Tafelmusik und Ballett540 in den Unterhaltungsprogrammen des Hofes noch
im Vordergrund. Nicht abgeschlossen ist in der Foschung die Diskussion darüber,
welcher Natur die am 22. August 1622 aufgeführte Invenzione in musica über einen
Text von Giovanni Sforza Porcia und das am 9. Juli 1625 dargebotene italienische
Versdrama mit Musik tatsächlich sind. Sowohl die Beschreibungen in den Quellen als
auch die daraus gezogenen Schlüsse weichen in etlichen Punkten sehr deutlich von-
einander ab.541 Sicher ist die am 27. November 1627 in Prag zu den Krönungsfeier-
537 Anita Mayer-Hirtzberger: Musikstadt Wien. In: Peter Csendes / Ferdinand Opll (Hg.): Wien. Ge-
schichte einer Stadt. Band 2: Die frühneuzeitliche Residenz (16. bis 18. Jahrhundert). Hg. von Karl
Vocelka und Anita Traninger. Wien / Köln / Weimar 2003, S. 525–547, hier S. 526; vgl. auch René
Clemencic: Gli Imperatori compositori. In: Carlo de Incontrera / Birgit Schneider (Hg.): Danubio. Una
civiltà musicale. Vol. 2: Austria. Monfalcone 1992, S. 151–171.
538 Vgl. Walter Senn: Musik und Theater am Hof zu Innsbruck. Geschichte der Hofkapelle vom 15. Jahrhundert
bis zu deren Auflösung im Jahre 1748. Innsbruck 1954. – Renate Brockpähler: Handbuch zur Geschichte der
Barockoper in Deutschland. Emsdetten 1964. – Herbert Seifert: Die Oper am Wiener Kaiserhof im 17. Jahr-
hundert. Tutzing 1985. – Herbert Seifert: Beiträge zur Frage nach den Komponisten der ersten Opern au-
ßerhalb Italiens. In: Musicologica austriaca 8 (1988), S. 7–26. – Maria Teresa Muraro (Hg.): L’opera italiana
a Vienna prima di Metastasio. Florenz 1990. – Claudio Sartori: I libretti italiani a stampa dalle origini al 1800.
7 Bände. Cuneo 1990 –94. – Alberto Martino: Die italienische Literatur im deutschen Sprachraum. Ergänzun-
gen und Berichtigungen zu Frank-Rutger Hausmanns Bibliographie. Amsterdam 1994. – Andrea Sommer-
Mathis: Ein pícaro und spanisches Theater am Wiener Hof zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Anhang:
Spielplan des Wiener Hofes (1631–1646). In: Andreas Weigl (Hg.): Wien im Dreißigjährigen Krieg. Bevölke-
rung – Gesellschaft – Kultur – Konfession. Wien / Köln / Weimar 2001, S. 686–694.
539 Vgl. Herbert Seifert: Beiträge zur Frühgeschichte der Monodie in Österreich. In: Studien zur Musikwis-
senschaft 31 (1980), S. 7–33. – Susan Helen Parisi: Ducal Patronage of Music in Mantua, 1587–1627. An
Archival Study. (Diss. Univ. of Illinois at Urbana-Champaign 1989) Ann Arbor 1996.
540 Vgl. Sibylle Dahms: Die Rezeption italienischer Tanzkunst an den Höfen Europas mit besonderer
Berücksichtigung Österreichs. In: Brigitte Winklehner (Hg.): Italienisch-europäische Kulturbeziehungen
im Zeitalter des Barock. Tübingen 1991, S. 37–43.
541 Die Argumente dafür, eine dieser Darbietungen als die erste Oper am Kaiserhof einzustufen, und jene
dagegen fasst Seifert (Die Oper am Wiener Kaiserhof, S. 26 –28) sehr übersichtlich zusammen.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549