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303Aufzüge
und Rossballette
schickten Dokumentation (vgl. die oben genannten Titel zu Feuerwerken z.B.) als
besonders groß einzustufen ist. Die dazu geladene Öffentlichkeit hat ebenso funkti-
onalen Charakter wie die mitwirkenden Künstler:
Die Beteiligung der Bürger der Stadt Wien an den Feierlichkeiten des kaiserli-
chen Hofes bestand aus Ehrenbezeigungen gegenüber den Herrschern. Beson-
ders bei den Einzügen der Herrscher nach Krönungen, bei Erbhuldigungen und
zu Hochzeiten hatten die Bürger den Glanz dieser Solennitäten durch ihr zahl-
reiches Auftreten zu steigern.563
Diese Festlichkeiten greifen besonders in diesem Bereich der halböffentlichen Dar-
stellung auf Modelle des Spätmittelalters und der Renaissance zurück, welche die
längst aus der Realität verschwundenen Tugenden der Ritterlichkeit feiern.564 So
wird zum Geburtstag von Kaiser Ferdinand II. vermutlich am 9. Juli 1635 L’antro
dell’eternità. Invenzione di un torneo a piedi zu einem Text von Prospero Bonarelli und
der Musik von Lodovico Bartolaia vor geladenem Publikum auf einem der Plätze
der Hofburg dargeboten.
Die erste Aufführung eines Rossballetts am Wiener Hof findet am 4. März 1631
anlässlich der Hochzeit des späteren Ferdinand III. mit der Infantin Maria Anna
statt: Il sole, e i dodici segni del Zodiaco. Balletto epithalamico reale a cavallo von Claudio
Panta565 kündigt schon im Untertitel der Druckausgabe Anlass und Bestimmung des
Werkes an, welches zu der Ballettmusik von Jacob Paradis († ~1638) auf dem Burg-
platz dargeboten wird.
Nach einem wenig dokumentierten Rossballett am 27. Januar 1636, bei wel-
chem Ferdinand III. und Mitglieder des Hofes mitwirken, findet die Gattung ihren
absoluten Höhepunkt am 24. Januar 1667 um 11 Uhr vormittags mit La Contesa
dell’Aria, e dell’Acqua. Festa a cavallo. Zu einem Libretto von Francesco Sbarra, das
in einer Prunkausgabe mit 17 Kupferstichen verbreitet wird, der Musik von An-
563 Andreas Gugler: Fest und Alltag. In: Peter Csendes / Ferdinand Opll (Hg.): Wien. Geschichte einer
Stadt. Band 2: Die frühneuzeitliche Residenz (16. bis 18. Jahrhundert). Hg. von Karl Vocelka und Anita
Traninger. Wien / Köln / Weimar 2003, S. 501–505; hier S. 502.
564 In der Einleitung zu La Contesa dell’Aria, e dell’Acqua (vgl. unten) beruft sich Sbarra ausdrücklich auf diese
Tradition der festlichen Turniere: „Trà le più Nobili dimostrazioni delle pubbliche allegrezze, con le quali è
solito il Mondo solennizzare gl’auventurosi successi, tennero sempre il primo luogo le Giostre, i Tornei; &
altri simili armeggiamenti, ne i quali, imitandosi con lo scherzo delle finte contese la ferocia delle vere batta-
glie, si vede l’istessa Guerra deporre nel giubilo universale le sue spoglie funeste, & addobbata di festeggianti
divise concorrer tutta placida, e lieta ad esultare con Armi innocenti in grembo alla Pace.“
565 Der biographisch bisher nicht fassbare Panta verfasst gemeinsam mit Gasparo Aliprandi im Juni 1628 in
Innsbruck ein Lobgedicht auf die Geburt von Erzherzog Ferdinand Karl († 1662).
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549