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Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im
Barock332
Nach fünfjähriger Pause wird am 11. Februar 1694 Minatos Leonida in Tegea. Drama
per musica in einer leicht gekürzten Version im Leopoldinischen Trakt der Hofburg
wieder aufgenommen. In seinem ursprünglichen Umfang ist es am 9. Juni 1670 in
Laxenburg zum Geburtstag des Kaisers aufgeführt worden und wird daher im fol-
genden Abschnitt behandelt.
Im Fasching 1695 wird die erste Faschingsoper von Minatos Assistenten Donato
Cupeda, Amore dà senno overo Le sciocchezze d’Hippoclide. Drama musicale, in der Ver-
tonung von Draghi, Leopold I. und Hoffer in sechs Bühnenbildern von Burnacini
und mit drei Balletteinlagen von D. Ventura aufgeführt. In dem auf einer Episode
aus Herodot (Historien VI.128–131) beruhenden Libretto verspricht der Olympia-
sieger Clistene, gleichzeitig Tyrann von Sikyon, demjenigen seine Tochter Agarista,
der sie durch besondere Anmut und Geschicklichkeit zu erringen vermag. Der vom
Vater bevorzugte Hippoclide benimmt sich im Wettstreit derart eitel und unziem-
lich, dass letzten Endes sein Rivale Megacle, eine unerkannte Jugendliebe Agaristas,
triumphiert. Ausgeschmückt durch eine Liebesgeschichte der Elterngeneration und
die mysteriöse Jugend des Bräutigams, bietet Cupedas Werk eine heitere Belehrung
zum Thema Die Lieb macht gescheid, wie der Titel der zur Aufführung gedruckten
deutschen Übersetzung lautet.
Der Fasching des Jahres 1696 bietet zwei dreiaktige Opern: Minatos nur hand-
schriftlich überlieferte Acquistare volendo perdere. Opera scenica (ÖNB Cod. Ser.n.
3.916), für welche weder die Komponisten noch das Aufführungsdatum bekannt
sind, und Draghis Timone misantropo. Drama per musica in der Vertonung von Dra-
ghi selbst, Leopold I. und Hoffer, in sechs Bühnenbildern von Burnacini und drei
Balletteinlagen von Francesco Torti. Mit diesem Werk setzt sich die Serie von Fa-
schingsopern über berühmte Philosophen der Antike fort, diesmal mit einem radi-
kalen Kritiker aller philosophischen Systeme, was sich besonders gut für eine Kari-
katur dieser und der Hauptgestalt selbst eignet.
Am 12. Februar 1697 wird mit L’Adalberto, overo La forza dell’astuzia femminile.
Drama per musica in der Vertonung von Draghi, Leopold I. und Hoffer ein Werk
dargeboten, das aller Wahrscheinlichkeit nach aus einer Zusammenarbeit von Mi-
nato und Cupeda hervorgegangen ist. Daher die unterschiedlichen Zuschreibungen
in der Literatur. In drei Akten mit je 16 Szenen, dargestellt in sieben Bühnenbildern
von Burnacini und ergänzt durch drei Balletteinlagen von Torti, behandelt das Lib-
retto den Stoff der weiblichen List an einem mittelalterlichen Hof, auf der Basis von
Erycius Puteanus (Historia cisalpina VI,10).
Adelaide (Vedoua di Lotario, amante di Lidolfo) widersetzt sich den Nachstellun-
gen von Adalberto (Rè d’Italia), der zuerst ihren Ehemann verfolgt hat und sie nun aus
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549