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451Pietro
Metastasio – der Hofdichter als Monument
Metastasios so konstanter Aufenthalt in Wien wird nur von regelmäßigen Som-
merfrischen auf den mährischen Gütern der Familie Althann in Joslowitz (Jarosla-
vice) und Frain (Vranov) unterbrochen, wohin er von seiner Gönnerin eingeladen
wird. Aus seiner Korrepsondenz und den späteren Biographien geht hervor, dass
Metastasio ein Leben als zurückgezogener Intellektueller im Kreis weniger Freunde
führt:
Er pflegte jeden Tag mehrere Stunden bei der Gräfin Althann und nach ihrem
Tode beim Grafen Perlas zuzubringen. Zu seinen intimen Freunden gehörten
der sardinische Gesandte Graf Canal und der Präsident des Reichshofrathes,
Baron Hager, die gewöhnlich Abends ein paar Stunden bei ihm zuzubringen
pflegten, während welcher griechische und lateinische Classiker vorgelesen wur-
den.761
In seinem ersten Jahrzehnt in Wien, von seiner Ankunft 1730 bis zum Tod von
Karl VI. 1740, schreibt Metastasio den Hauptteil seiner melodramatischen Texte,
die ihm zu den bereits bekannten Daten des höfischen Festprogramms aufgetra-
gen werden. Aus diesen Verpflichtungen am Kaiserhof entstehen in zehn Jahren elf
Drammi per musica, zwei Feste teatrali, sechs Azioni teatrali, drei Componimenti
drammatici und sieben Oratori. Seine Funktion als Poeta cesareo gliedert ihn noch in
das aus dem 17. Jahrhundert stammende Konzept der Selbstinszenierung des Hofes
ein, allerdings unter geänderten ökonomischen und zunehmend auch staatspolitisch
anderen Voraussetzungen:
Die Hofhaltung befand sich – nicht zuletzt auch wegen der wachsenden politi-
schen Macht der österrechischen Länder bzw. der habsburgischen Hausmacht
– auf ihrem Höhepunkt und hatte Vorbildwirkung für viele europäische Höfe. In
militärischen Unternehmungen wenig erfolgreich, folgte man am Ende des Ba-
rock dem alten Prinzip der Demonstration von Macht durch eine entsprechend
prunkvolle Hofhaltung.762
761 Landau: Die italienische Literatur, S. 72; das bestätigt auch Alfieri in seiner Vita, in der er seinen kurzen
Aufenthalt 1769 in Wien beschreibt: „Io avrei in quel soggiorno di Vienna potuto facilmente conoscere e
praticare il celebre poeta Metastasio, nella di cui casa ogni giorno il nostro ministro, il degnissimo conte
di Canale, passava di molte ore la sera in compagnia scelta di altri pochi letterati, dove si leggeva seral-
mente alcuno squarcio di classici o greci, o latini, o italiani.“ (Vittorio Alfieri: Vita. Hg. von Anna Dolfi.
Mailand 1987, S. 128) Weitere Details bei Christine Halusa: Metastasio und sein Freundeskreis in Wien.
Diss. Wien 1972.
762 Elisabeth Th. Hilscher: Antike Mythologie und Habsburgischer Tugendkodex. Metastasios Libretti für
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549