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Von der Spätaufklärung zur
Frühromantik508
Die aus der mythologischen Weltsicht abgeleitete und nicht von einem herabschwe-
benden Deus ex machina gewährte Lösung erlaubt schließlich einen jubelnden
Schlusschor, wie er in der Licenza einer Hochzeitsoper üblich war:
Trionfi Amore,
e il mondo intiero
serva all’impero
della beltà. (v. 366 –369)
Diese einmalige Verschmelzung von Traditionslinien und innovativen stilistischen
Techniken werden in der französischen Fassung von Pierre Louis Moline886 1774
noch unterstrichen, wodurch das Werk im Rahmen der französischen Operndiskus-
sion besonderes Aufsehen erregt. Orfeo ed Euridice wird in Wien bis 1781 regelmä-
ßig in veränderten Versionen aufgeführt, wie eine Notiz von Khevenhüller-Metsch
am 13. Mai 1770 illustriert: „Ich gienge noch zuvor ins französische Théâtre, allwo
mann die schon zweimahl gespillte Opéra Orfeo ed Eurydice, jedoch mit neuen
Ballets und Aufbutzen reproduciret […]“887 Außerdem findet eine konzertante Dar-
bietung in Salzburg 1786, sowie eine Aufführung in der Vertonung von Ferdinando
Bertoni (1725–1813)888 1788 in Esterháza statt.
Nach seiner an Voltaires gleichnamiger Tragödie von 1748 inspirierten Semi-
ramide, deren Text nicht überliefert ist, schreibt Calzabigi wieder ein Libretto für
Gluck, Alceste. Tragedia messa in musica, die am 26. Dezember 1767 am Burgtheater
uraufgeführt wird. In der Einleitung zu diesem Werk fasst der Autor die wichtigsten
Punkte seiner Reform zusammen, nämlich die Forderungen nach der Ernsthaftig-
keit des Sujets, der Wahrscheinlichkeit der Handlung, der überzeugenden Gestal-
tung der Charaktere und der Natürlichkeit der Sprache.
Auf die charakteristische, dem Publikum offenkundig bereits vertraute Ausstrah-
lung der Texte von Calzabigi deutet eine Bemerkung von Khevenhüller-Metsch be-
züglich dieser Erstaufführung von Alceste hin: „[…] worzu der Sr. Calsabigi das Li-
bretto gemacht, so über die Massen abermahls pathétique und lugubre ausgefallen;
par bonheur ware zum Schluß ein Ballet de Mr. de Noverre dans le goût grotesque,
der einen ungemainen Applaus gefunden hat.“889 Die Wahl gerade dieses mytho-
logischen Stoffes der sich opfernden Ehefrau lässt ohne Zweifel Bezüge auf die
886 Das Libretto erscheint schon 1762 in Wien in einer zweisprachigen Ausgabe, deren französische Über-
setzung anonym ist.
887 Grossegger: Theater, Feste und Feiern zur Zeit Maria Theresias, S. 280.
888 Uraufführung 1776 in Padua; außerdem vertont Antonio Tozzi das Libretto 1775 für München.
889 Grossegger: Theater, Feste und Feiern zur Zeit Maria Theresias, S. 271.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Volume I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die italienische Literatur in Österreich
- Subtitle
- Von den Anfängen bis 1797
- Volume
- I
- Author
- Alfred Noe
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2011
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 780
- Keywords
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549