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224 KAPITEL3. ZIELSUCHE
AbleistungderWehrpflicht unterbrechenmüßte.DakameinErlaß des damaligenVertei-
digungsministers Franz Josef Strauß:Wer sich vor Beginn des Studiums zur Ableistung
der Wehrpflicht freiwillig melden würde, aus Kapazitätsgründen aber nicht einberufen
werden könnte, demwurde ein ununterbrochener Studiumsverlauf zugesichert.
Ichmeldete daher relativ kurz vor demBeginn des Studiumsmeine freiwillige Bereit-
schaftzumAntrittdesWehrdienstes.DieÜberlegungunddiedarausabgeleiteteHoffnung,
daß eine so träge Bundesbehörde in wenigenWochen die Einberufung gar nicht bewerk-
stelligen könnte, erfüllte sichmit demErreichendes 1.11.1958, demVorlesungsbeginn für
das erste Studiumssemester, ohne daß eine Einberufung erfolgt war. Von nun anwar ich
infolge des Erlasses bis zumEndemeines Studiums von derWehrpflicht freigestellt und
dann viel zu alt, um für die Bundeswehr noch brauchbar zu sein. So ging auch dieser
Kelch anmir vorbei und ich konnte, wie so oft, meinem Schicksal dafür danken, daß es
mich gelegentlichwie einGlückskind behandelte.
DemBeginnmeines Physikstudiums stand also nichtsmehr imWege. Auchwenn ich
indiesenMonaten jamitmeinemeigenenWagen innerhalbeinerhalbenStundevon
zuhause anderErlangerUniversität sein konnte, suchte ichmir vorOrt lieber einebillige
Studentenbude. Soweit ich mich erinnere, gab mir mein Vater zum Studieren anfangs
ganze 110DM/Monat alles inklusive. Da konnte ichmir keine großen Sprünge erlauben.
Ich fand einZimmer in derNürnberger Straße inErlangen in derWohnung einerFamilie
mit einem schulpflichtigen Sohn. Unter der Bedingung, daß ich diesem Sohn Nachhilfe
in Mathematik erteilte, reduzierte sich die Monatsmiete auf 10DM. Es war ein kleines,
scheußlichesundkaltesZimmermit einemFenster zurwestlichgelegenenStraßeundeiner
langen, nach außen freien Nordwand, über die die winterliche Kälte kaum gehindert ins
Zimmerdringenkonnte.UnddieNachhilfestunden für denSohnwarenmühsam.Fürdas
erste Semester tat das Zimmer seinenDienst. Das Studiumkonnte beginnen.
3.5.2 Erlanger Studienzeit
Am 6.11.1958 wurde ich an der Universität Erlangen für das Studium der Mathema-
tik und Physik mit Hauptrichtung Physik aufgenommen. Die ersten beiden Semester
waren fachlich geprägt von den Standardvorlesungen Differential- und Integralrechnung
(gehalten vonTheodor Schneider 1911 1988),135AnalytischeGeometrie (GeorgNöbeling
135Zur Geschichte der Erlanger Mathematik werden ausführliche Informationen auf der folgenden
Webseite vorgehalten: https://www.min.math.fau.de/staff/knauf-andreas/prof-dr-andreas-knauf/zur-
geschichte-der-erlanger-mathematik/, Zugriff 26.2.2016.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427