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3.5. STUDIUM 257
Universität ihrMedizinstudium. All diese günstigen Umstände haben unsere Beziehung
verständlicherweise sehr vertieft.
3.5.4 Promotionszeit
VonEndeFebruar1964andurfte ichmichkünftighinalsDiplom-Mathematikerausgeben.
Leider war es mir nicht so leicht gegeben, nun fröhlich meines damit vorgezeichneten
Weges einfachweiterzugehen. Die Vorstellungenmeiner beruflichen Zukunft waren nach
wie vor nicht eindeutig geklärt, wenn auch alles andere als inhaltlich ziellos.227MeinZiel
war ein tieferesVerständnis dermichumgebendenWelt.Gleichwohlwußte ichnur zugut
umdie Notwendigkeit eines Berufes zumBestreiten des Lebensunterhalts. Viel zu lange
schonhatte ichunterderfinanziellenAbhängigkeit vonmeinemVatergelitten.Wie ließen
sich solche schwer miteinander zu vereinbarenden Vorstellungen in einem vernünftigen
nächsten Schritt unter einenHut bringen?
Weil dieseAufgabewahrhaftig nicht leicht zu lösenwar, verschaffte ichmir erst einmal
einwenigZeit zur sorgfältigenÜberlegungundAuslotungunterschiedlichsterMöglichkei-
ten.DazuübernahmichnacheinigenNachtschichtenalsAufsichtspersonamGroßrechner
desMax-Planck-Instituts(MPI) fürPhysikundAstrophysik füreinkleinesZubrotschließ-
lich amMathematischen Institut für die Zeit 1.5. 31.10.1964 eine einfache Tätigkeit als
Hilfskraft,währendder ichdenNachlaßdeskurzvorherverstorbenenProfessorsamInsti-
tutHeinrichTietze ordnete und archivierte.228DieserAuftragwar einEntgegenkommen
meines Betreuers, Prof. Stein, der mir bei einer entsprechenden Bitte sicher auch ein
Promotionsthema gegeben hätte.
EinePromotion inMathematikbeiSteinmit einemThemazurFunktionentheoriemeh-
rerer komplexerVeränderlicherwäre also einemöglicheOptiongewesen.Umsienichtvon
vornehereinauszuschließen,nahmich imSommersemesteramOberseminarvonStein teil.
Aberwashättemirdas inVerfolgungmeinesZieles eines tieferenVerständnissesderWelt
gebracht? InmeinenprivatenAufzeichnungenebensowie ineinemBrief zumbevorstehen-
den 64ten Geburtstag meines Vaters habe ich meine damaligen Überlegungen skizziert,
die ich überMonate dazu anstellte.229Nachdem ichmir die logischeGrundlagemit dem
227Unter demTitel Mensch Beruf findet sich eine ausführlicheAnalysemeinerPerspektiven imAO
Reflexionen,R.1.2, S.25-42.
228TBII, S.59f. https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Tietze, Zugriff 10.4.2016.
229TBI, S.191f sowieBrief anVater zum23.6.1964,AOKorrespondenz.
Der Brief ist inmehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Zum einen läßt er bereits die Thematik Reflexion
vs. Reflex dieses Buches anklingen. Zum anderen finden sich darin beachtliche Aussagenwie etwa: Je
reicher an Unordnung das Leben in der Jugend ist, umso tiefgreifender kann man das Leben im Alter
ordnen.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Title
- Reflexionen vor Reflexen
- Subtitle
- Memoiren eines Forschers
- Author
- L. Wolfgang Bibel
- Publisher
- Cuviller Verlag Göttingen
- Location
- Göttingen
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-SA 4.0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 464
- Category
- Biographien
Table of contents
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427