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64 | Ferdinand Opll
hinaus ja mit eigenen Arbeiten auf kartografischem Felde hervorgetreten ist, darunter
insbesondere einem Sammelband mit den Berichten einer Kommission, die Kaiser
Leopold I. 1657 von Graz aus gegen die türkischen Confinien (Steirische, Windische,
Banatische, Croatische und Meeresgrenze) entsandt hat. Diese Berichte erstellte er in
zweifacher Ausführung : einen für den Kaiser, dem die Relationen auch gewidmet sind
und der – man ist geneigt zu sagen : deshalb – in der Wiener Hofbibliothek (heute :
Österreichische Nationalbibliothek) verwahrt wurde und wird, und einen zweiten, der
Annibale Gonzaga, dem Präsidenten des Hofkriegsrates gewidmet wurde und später
–
wohl gemeinsam mit dem Karlsruher »Angielini«-Atlas
– in das Archiv der badischen
Markgrafen kam und sich heute im Generallandesarchiv in Karlsruhe befindet.198 In
den Händen der Militärverwaltung befand sich bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts
ganz offensichtlich nur ein Exemplar des aus der Angielini-Werkstätte199 stammenden
Plans, und zwar das wenig später nach Karlsruhe transferierte Exemplar.200
Cod. 8609 Han weist ist mit den enthaltenen chorografischen Karten samt Kartu-
schen, einigen bemerkenswerten Ansichten (Graz, Schlachtdarstellung bei Satu Mare)
und etlichen skizzenhaften Ausführungen201 einen recht uneinheitlichen Charakter
auf. Zu beachten ist in jedem Fall, dass er in der heute vorliegenden Form wohl das
Produkt einer späteren buchbinderischen Formierung – etwa hundert Jahre nach Ent-
stehung der in ihm enthaltenen Kartenwerke – darstellt, enthält er doch insgesamt
sechs Darstellungen, die ursprünglich zum Bestand von Cod. 8607 Han gehörten.
Als Bestand der Privatbibliothek des Kaisers ist er jedenfalls für die Ära Leopolds I.
nachweisbar,202 und man wird somit in ihm am ehesten ein für den Kaiser (Maximi-
lian II.) angefertigtes Exemplar sehen dürfen.
18. Jh. bezeugte Schenkung von Cod. 8609 Han aus der Privatbibliothek Kaiser Leopolds I. an die
Hofbibliothek hin, siehe dazu oben S. 60 Anm. 182.
198 Bei diesen Werken des Martin Stier handelt es sich um ÖNB Cod. 8608 Han sowie GLA Karlsruhe
Hfk. Nr. XII, vgl. dazu Krompotic, Relationen, V, sowie 1–171, und Kisari Balla, Kriegskarten, 27.
199 So eine ausgesprochen glückliche Formulierung bei Török, Fortification Atlases, 70 : »The little known
›Angelini‹ workshop deserves special attention in the history of Renaissance cartography in Europe.«
200 Dazu siehe unten S. 69 f.
201 Ich bin Herrn Kollegen Jan Mokre, dem Leiter der Kartensammlung und des Globenmuseums der Ös-
terreichischen Nationalbibliothek, für die Einschätzung der grafischen Qualitäten der beiden Wiener
Überlieferungen (ÖNB Codd. 8609 Han und 8607 Han) außerordentlich dankbar. In einer Mail vom
30. Juni 2015 an F.O. hat er dazu Folgendes mitgeteilt : »Cod. 8607 ist kartographisch und gestalterisch
höherwertiger – ich kann jedoch nicht einschätzen, ob es ein Dedikationsexemplar war, möglich wäre
es wohl. Bei Cod. 8609 halte ich dies jedoch aufgrund der geringen kartographischen Qualität und
insbesondere der skizzenhaften Ausführungen im ersten Teil des Bandes für sehr unwahrscheinlich.«
202 Siehe dazu oben S. 60 Anm. 182.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499