Page - 91 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum | 91
viel weiter nach dem Osten gehen, sogar noch über die Una bei Bihać hinausreichen. Das
Dresdner Übersichtsblatt dagegen13 zeichnet weder Otočac noch Lička Jesenica ein, bie-
tet aber – darin der Überlieferung im Karlsruher Atlas vergleichbar, im Hinblick auf die
Ausdehnung der christlich dominierten Gebiete sogar noch über diesen hinausgehend –
das südlich Bihać gelegene Hinterland der Adriaküste weitgehend frei von osmanischer
Herrschaft. Ähnliches gilt für den Raum zwischen Save und Drau/Drava, wo es bereits
auf dem Wiener Blatt von Kroatien und Slawonien gelungen ist, die Osmanen etwas zu-
rückzudrängen, was dann auf den in Karlsruhe und Dresden überlieferten »Angielini«-
Blättern zu einem veritablen Geländegewinn der Kaiserlichen geworden ist. Südlich des
Plattensees/Balaton hatten es die Osmanen verstanden, ihre 1566 mit der Eroberung von
Siget/Szigetvár erlangte Position zu festigen, während nördlich des Sees eher kaiserliche
Landgewinne von bescheidenen Ausmaßen zu verzeichnen waren.14 Nördlich und im
Osten der Donau war es gleichfalls gelungen, die von kaiserlicher Seite dominierten
Zonen zulasten der Osmanen auszuweiten. Dies ist – abgesehen von durchaus auch wei-
ter bestehenden »osmanischen« Gebieten, etwa in dem umkämpften Bereich um Ri-
mavská Sobota und Fil’akovo/Filcek im Vorfeld der oberungarischen Bergstädte15 – an
den unterschiedlich dimensionierten Flächen, die rot (osmanisch) oder grün (kaiserlich)
koloriert sind, ablesbar. Debrecen etwa, das auf der Karte von 156616 noch im christlich
dominierten Gebiet eingezeichnet ist, wird in der Oberungarn-Karte des Wiener Codex
8609 Han17 und der Karlsruher Überlieferung18 als »osmanisch« ausgewiesen, während
die mit dem Namen des Nicolò Angielini versehene Ungarn-Karte des Dresdner Atlas-
ses Nr. 1119 die Stadt als unter kaiserlicher Herrschaft einträgt.
Diese Detailbeobachtungen mögen an dieser Stelle abgebrochen werden, doch sei
grundsätzlich darauf hingewiesen, dass sich hier in Kenntnis der für die lokalen Ver-
hältnisse relevanten Überlieferungen und Literatur ohne jeden Zweifel noch weitere
Einsichten erarbeiten ließen. Ob diese allerdings dann auch zu einer noch präziseren
Datierung der einen oder der anderen kartografischen Überlieferungen, die in unse-
rer Untersuchung im Mittelpunkt stehen, führen würden, sei dahingestellt. Die Wie-
dergabe der exakten territorialen Verhältnisse ist auf diesen frühen Bilddokumenten
13 Unten Anhang 9.1, S. 338 Nr. 5.1.
14 Dazu siehe auch die Karten des Gebietes zwischen Mur und Donau im Wiener Atlas, unten Anhang 9.1,
S. 329 Nr 2.2 und in der Karlsruher Überlieferungen, unten S. 333 Nr. 4.1.
15 Siehe dazu die Karten der Bergstädte und von Oberungarn, unten Anhang 9.1, S.
329 Nr. 2.2 und S.
336
Nr. 4.4 sowie S. 331 Nr. 2.5 und S. 335 Nr. 4.3.
16 Anhang 9.1, S. 340 Nr. 6.1.
17 Anhang 9.1, S. 331 Nr. 2.5.
18 Anhang 9.1, S. 335 Nr. 4.3.
19 Anhang 9.1, S. 338 Nr. 5.1.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499