Page - 114 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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114 | Ferdinand Opll
oder aus Bamberg, das über ein Stadtporträt im Hintergrund des Tafelbildes »Verab-
schiedung der Apostel« verfügt, das der in Diensten des Bamberger Bischofs tätige
Maler Wolfgang Katzheimer der Ältere 1483 geschaffen hat.56 Und auch südlich der
Alpen blieb dieses Phänomen der Einbeziehung von Stadtansichten in geistliche Sze-
nen relativ lange erhalten. Beispiele dafür bieten die Rom-Ansichten auf Werken des
Benozzo Gozzoli von 1463 bzw. des Attavante degli Attavanti von 1483, die Ansicht
von Arezzo auf dem Tafelbild des hl. Rochus (S. Rocco) des Bartolomeo della Gatta
von ca. 1479 sowie die bekannte Ansicht von Pavia mit der bis heute erhaltenen ge-
deckten Brücke über den Ticino, die Bernardino Lanzani (1460–ca. 1530) in den
frühen 1520er Jahren in S. Teodoro zu Pavia als Fresko geschaffen hat.57 In welcher
Weise Stadtansichten als Elemente der nach antiken Vorbildern gewählten Dekora-
tion Verwendung fanden sowie zusehends auch als Sinnbild politischer Herrschafts-
ansprüche galten, zeigen etwa die von Pinturicchio im Auftrag Papst Innocenz’ VIII.
für die Loggia der Villa del Belvedere im Vatikan ausgeführten, heute nur mehr zum
Teil erkennbaren Fresken.58
Dass sich eine Wien-Ansicht sogar im Umfeld der Illuminierung von liturgischen
Handschriften erhalten hat, die man auf die Zeit um 1460 datieren kann, sei als Be-
sonderheit hier vermerkt.59 Während sich ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
und im frühen 16. Jahrhundert bisweilen auch große Künstlerpersönlichkeiten wie
Leonardo da Vinci im Süden oder Albrecht Dürer im Norden der Alpen des Genres
von Landschaftsdarstellungen und Städtebildern anzunehmen begannen,60 lässt sich
56 Zum Künstler vgl. Baumgärtel-Fleischmann, Katzheimer, 337 f.; zu den Stadtansichten von Bam-
berg vgl. im Überblick Muth, Ansichten und Pläne, 1–96.
57 Siehe zu diesen Hinweisen Camiz, Vedute di Roma, 39–57, Ders., Roma dai prati, 26 f. Nr. I.03, Cor-
rente, La veduta di Arezzo, 70–85, Dies., Arezzo, 30 f. Nr. I.05 ; weiterführende Hinweise zu Lanzani
und seinem Werk finden sich auf : http://it.wikipedia.org/wiki/Bernardino_Lanzani (8.11.2014).
58 Schulz, La veduta, 48.
59 Opll/Roland, Wien und Wiener Neustadt. – Eine vergleichbare Ansicht hat sich aus annähernd der-
selben Zeit (um 1460) für Braunschweig erhalten, vgl. dazu Puhle, Braunschweig, 151 f. mit Abb. 50.
60 Zu Leonardos Rolle auf dem Feld der Stadtansichten vgl. Guidoni, Leonardo da Vinci, der aus dem
Vorkommen der Anfangsbuchstaben »L« und »V« auf Darstellungen des 15. Jh.s auf eine Beteiligung
des Universalgenies an zahlreichen frühen Ansichten schließen möchte. Von Leonardo da Vinci ist
nicht nur eine zum 5. August 1473 datierte Ansicht einer Landschaft im Tal des Arno (siehe dazu un-
ter http://it.wikipedia.org/wiki/Paesaggio_con_fiume (8.11.2014) erhalten, sondern auch ein Plan der
Stadt Imola aus dem Jahre 1502, der als ältester auf Vermessung beruhender Stadtplan gilt, vgl. dazu De
Seta, La fortuna, 31 f., den Hinweis bei Büttner, Das messende Auge, 265–292, hier : 272 mit Anm.
29, und dazu die Abbildung auf : http://www.wikiart.org/en/leonardo-da-vinci/a-plan-of-imola-1502
(8.11.2014).
– Von Dürer stammen eine Reihe von Stadtansichten, die er auf seiner Italienreise 1494/95
angefertigt hat, darunter solche von Arco, Trient und Innsbruck, vgl. dazu Baldescu, Paesaggi e
città, 86–102, und Dies., Da Innsbruck a Trento, 32 f. Nr. I.06 ; eine Abbildung der in der Albertina
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499