Page - 136 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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136 | Ferdinand Opll
drei Mitgliedern der Familie Sangallo im frühen 16. Jahrhundert ein wichtiger Platz
im gesamten Diskurs über die Festungsbaukunst zu.55 Antonio d. J. war der Neffe so-
wohl Giulianos als Antonios d. Ä. und wirkte wie seine beiden Onkel als Architekt von
Wehranlagen,56 von Kirchen und Palästen.57 Als einer der frühen Festungsbaumeister
der Zeit nach 1500 ist neben den da Sangallo insbesondere auch der ausschließlich als
Praktiker tätige Veronese Michele Sanmicheli (1484–1559) zu erwähnen, der noch von
Giorgio Vasari (gest. 1574) nachgerade als Erfinder der Bastion apostrophiert wurde und
dem seine Heimatstadt Verona ihre ab 1527 errichtete bastionäre Befestigung verdankt.58
Das gesamte 16. Jahrhundert darf ohne Übertreibung als das Zeitalter der Festungs-
traktate – darunter nun vielfach im Druck vorgelegte und daher gut rezipierbare
Werke – bezeichnet werden. Allein in Venedig erschienen damals nicht weniger als
154 einschlägige Arbeiten.59 In chronologischer Hinsicht ist dabei zunächst kaum
anders als im 15. Jahrhundert auf zwei vor allem am Militärischen interessierte und
orientierte Werke zu verweisen : Zwischen 1519 und 1520 schuf niemand Geringerer
als Nicolò Machiavelli sein einschlägiges Werk »Dell’arte della guerra«, das 1521 bei
Giunti in Florenz im Druck erschien,60 und im selben Jahr publizierte Giovanni Bat-
tista della Valle di Venafro ein eigenes Militärhandbuch, das sich dezidiert auch der
Befestigungsbauweise mit Bastionen widmete.61
Aus den 1520er Jahren stammt auch der erste im deutschen Raum entstandene
Festungstraktat, nämlich Albrecht Dürers als Lehrbuch konzipiertes Werk »Etliche
271 ; Hale, ebd., 473, macht darauf aufmerksam, dass die beiden Brüder 1487 vergeblich versuchten, die
Florentiner von der Errichtung einer traditionellen Festungsanlage in Sarzana abzuhalten.
55 Vgl. zuletzt Mollo, Theti, 124.
56 Er war der Architekt der Befestigungsanlagen von Civitavecchia, 1515, vgl. Schweizer, Repräsentation
und Funktion, 33, und Reinisch, Angst, 270.
57 Dazu vgl. Frommel, Architektur der Renaissance, 162–172, und Büchi, Fortifikationsliteratur, 56 mit
Anm. 13.
58 Vgl. zu ihm Burger, Dürers »Unterricht zur Befestigung«, 287, Frommel, Architektur der Renaissance,
189–195, Hale, Development of the bastion, 468, Hauptner/Hauptner, Festungsbaumeister, 209,
und Reinisch, Angst, 269.
59 Schweizer, Repräsentation und Funktion, 67.
60 Hale, Development of the bastion, 468, und Hilliges, Stadt- und Festungstor, 14.
61 Der Titel des Werks (»Il Vallo. Libro continente appertinente à Capitanij, retenere et fortificare una
Città con bastioni, con novi artificij de fuoco aggionti, come nella Tabola appare, et de diverse sorte pol-
vere, et de espugnare una Città con ponti, scale, argani, trombe, trenciere, artigliarie, cave, dare avisamenti
senza messo allo amico, fare ordinanze, battaglioni, et ponti de disfida con lo pingere, opera molto utile
con la esperientia del arte militare. battaglioni, et ponti de disfida con lo pingere, opera molto utile con
la esperientia del arte militare.”) weist auf dessen weit gespannten Inhalt hin. Das Buch erlebte zwischen
1524 und 1564 in Venedig nicht weniger als neun Auflagen, 1529 wurde es in Lyon und ebendort 1564 in
französischer Übersetzung veröffentlicht, vgl. dazu Muccillo, Della Valle, sowie Hilliges, Stadt- und
Festungstor, 14.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499