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Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre | 173
und dann zu verstärken. Hans Karanckho stimmte dem zu. Benedikt Kölbl, Bonifaz
Wolmuet und Mertt Haubitt waren für einen kompletten Austausch der Pfeiler und
Abtragung der Gewölbe bis an die Schlosleger. Die Pfeiler sollten aus Dornbacher
Stein gemacht und die Grundfeste aus groben Quadern gemauert und vergossen wer-
den. Wahrscheinlich beziehen sich die zwei kolorierten Grund- und Aufrisszeich-
nungen des provisorischen Zustandes und des Vorschlags der »Deutschen« auf diese
Lösung (Abb. 23).162 Paul Schobinger und Johann Tscherte sprachen sich gleichfalls
für diese aus. Die Pfeiler sollten zunächst durch Abtragung des Erdreiches über den
Gewölben entlastet und dann durch größere und stärkere ersetzt werden. Schallaut-
zer schloss sich der teutschen Opinion an.163 1555 wurde schließlich über »taugliche«
Gewölbe und Gemächer zur Unterbringung von Geschütz und Munition in beiden
Basteien, bei den Augustinern und beim Kärntner Tor, berichtet.164 Hier wird das
Problem der in der schriftlichen Überlieferung unterschiedlichen Benennungen der
Basteien augenfällig. Möglicherweise ist mit der Bastei beim Kärntner Tor in diesem
Fall nämlich die spätere Obere Paradeisbastei gemeint.
Daniel Specklin beschreibt den Zustand beim Kärntner Tor, nachdem er selbst vor
Ort gewesen war. Man hatte zwei Basteien (Bastei beim Kärntner Tor und Obere
Paradeisbastei) neben dem Tor errichtet, die er 1556 vollendet vorfand. Doch sei das
alte Kärntner Tor samt seinem Turm zunächst noch offen gewesen. Der Turm sei 1557
abgebrochen, das neue Tor neben der Bastei herausgeführt, und die »Lücken« seien zu-
gemauert worden. Diese lucken, d. h. die durch die Türkenbelagerung 1529 entstande-
nen Beschädigungen in der Stadtmauer, waren bis zu jenem Zeitpunkt offenbar noch
nicht beseitigt worden. Die von den Italienern errichteten Mauerwerke seien an dieser
Stelle nicht gut genug fundamentiert, im Gegensatz dazu lobt Specklin die Arbeit
seiner eigenen Landsleute :165 wie wol die maur gesuncken ist, sündt die Italianer daran
schuldig dan sie nuhr vff den kyß [Kies, eventuell Wienflussschotter] gebauwen haben
vnnd vermeint das erdtrich sey vöst genug daran der herr Schalautzer Oberster bauwmeister
nit schuldig gewesen dann er alleyn zu denn pasteyen verordnet ist gewesen, vnnd gern die
deu[t]schen maüren gehabt, dann was sie gebauwen haben ahn Wien ist alwegen das böst
gewesen.166 Möglicherweise waren Specklin die oben genannten Probleme bekannt.
162 FHKA KS Rb 636/4–5.
163 FHKA NÖHA W 61/C/3/B, 1551 Februar 26.
164 FHKA NÖK ER 1555-2, fol. 138v.
165 Specklin, Codex Mathematicus (wie oben S. 148 Anm. 15), fol. 8v, 22r mit Abb.
166 Specklin, ebd., fol. 22v.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499