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198 | Christoph Sonnlechner
Insbesondere ein Eisstau mit anschließender Flut im Jahre 1565 und mehrere große
Winter- und Sommerhochwasser im Jahre 1566 sind als Wendepunkt in der hydro-
morphologischen Geschichte der Wiener Donau zu sehen. Zu dieser Zeit verlagerte
der Fluss seinen Hauptstrom endgültig weg von der Stadt in den nördlichen Wolf-
Arm hinein. Der frühere Hauptarm, nämlich der stark gewundene Tabor-Arm, wurde
zu einem Seitenarm mit weniger fluvialer Aktivität (Abb. 35‒36). Der Wolf-Arm muss
ab diesem Zeitpunkt als der Hauptarm der Donau angesehen werden. Aber ein Fluss
ist nie stabil. Der Wolf-Arm erodierte große Teile der Wolfsau und begann nach ein
paar Jahren wieder damit, eine Flussbiegung in Richtung Süden zu entwickeln. So-
wohl kurzfristige Erosionsprozesse als auch schrittweise Kanalverschiebungen trugen
zur generellen Instabilität der Wiener Auenlandschaft bei und führten zu zahlreichen
Streitigkeiten über Landbesitz und zu Problemen mit den Verkehrswegen und der
Infrastruktur in der Flusslandschaft. Das Klima spielte eine wichtige Rolle. Gründe
liegen auch in der lokalen morphologischen Konfiguration des Donau-Systems zu die-
sem Zeitpunkt. Auch Landnutzungsänderungen im Einzugsgebiet der Donau hatten
Einfluss auf die Wiener Situation.
Für das Bauen an der Donaufront der Festung hatten Wetter und Klima(-ände-
rung) große Bedeutung. Das lässt sich schon daraus ersehen, wie oft der Wasserstand in
Schrei ben der Bauleitung thematisiert wurde. So appellierten beispielsweise in einem
Schreiben vom 28. November 1531 die Kriegskommissäre und Räte an den König, un-
verzüglich genug Geld zu bewilligen, um den Festungsbau zu ermöglichen. Sie betonten,
dass die Befestigungsarbeiten trotz Frost und Kälte vorangehen würden, zeigten damit
aber auch eines der Probleme bei den Bauarbeiten auf : die Unbilden der Witterung.302
1537 beschwerten sich der Bürgermeister und der Rat der Stadt bei Ferdinand I.,
dass die Stadtmauer beim Kärntner Tor noch immer defekt und durch Regengüsse
weiter beschädigt worden sei. Zudem seien durch den Starkregen und das dadurch
entstandene Hochwasser die Donaubrücken weggerissen worden.303 Im Jahre 1546
schrieben der Bürgermeister und die Bürger von Wien an den Oberstkämmerer und
Feldhauptmann der Krone Ungarns und aller Erblande, dass durch Überschwemmun-
gen, insbesondere durch Eishochwasser alle Wiener Brücken beschädigt worden seien
und dass das für Reparaturen zur Verfügung stehende Personal überfordert sei. Offen-
bar hatte das Hochwasser auch nahe der Donau gelegene Teile der Befestigungsanla-
gen beim Salz- und Rotenturmtor beschädigt.304
302 Camesina, Urkundliche Beiträge, 57 Nr. VII.
303 FHKA NÖHA W 61/C/3/A (818) ; 1537 Jänner 22, fol. 229r.
304 Camesina, Urkundliche Beiträge, 63 Nr. XII : Item so haben die grossen jetzgewesen güssen die wuern
unnd sennkh beim Saltz unnd Rotenthurn seer zerissen, allso das dieselben widerumben aufs paldist, sambt
den wuern beim Täber gemacht werden muessen.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499