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Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre | 207
Wien zu bringen, wird als sinnlose Maßnahme dargestellt, die im Übrigen auch den
Freiheiten der Stadt Wels widersprechen würde. Das wäre ein Eingriff in alte Rechte.
Die Flößer stellten klar, wo das Problem liegt : Die osmanischen Einfälle und Ver-
wüstungen der letzten Jahre sowie diverse Feuer hätten an vielen Orten in Österreich
großen Schaden angerichtet. Für den Wiederaufbau werde sehr viel Holz benötigt.
Dadurch seien alle Wälder, die günstig gelegen sind – d. h. am Wasser –, mittlerweile
stark abgeholzt. Man bringe das Holz nun bereits mit großer Arbeitsanstrengung und
enormen Kosten aus zwei bis drei Meilen von den Gewässern entfernten, schlecht
erreichbaren Gräben an die Flüsse heran.329 Zudem sei vor zwei Jahren für die Herr-
schaft Scharnstein, wo das meiste Welser Holz herkomme, eine neue Holzordnung
erlassen worden, welche die Abholzung stark einschränke und damit das Hauptprob-
lem für die Holzknappheit darstelle. Man habe nun durch die Einschränkungen und
durch die weit verbreitete Abholzung viel größere Unkosten. Die Produktion liege nur
noch bei einem Drittel der früheren. Die Beschaffung des Holzes sei mittlerweile ein
Verlustgeschäft. Zudem würden die Lohnkosten steigen. Letzten Endes hätten sich
die Kosten für das Holz samt Hinabflößen auf das Zwei- bis Dreifache erhöht. Dazu
komme noch, dass es wegen der häufigeren Hochwasser viel gefährlicher geworden sei,
das Holz nach Wien zu bringen.330 In Wien würde man sich dann noch über die Qua-
lität – zu klein, zu kurz u.ä. – des Holzes beschweren. Die Situation sei mittlerweile
lebensbedrohlich für viele Flößer. Daher ergeht die Bitte, man möge eine Kommission
zusammenstellen, welche die für den Holzeinschlag zur Verfügung stehenden Gebiete,
die Klausen und die Möglichkeiten des Transports besichtigen solle. Die Kommission
solle auch festlegen, in welcher Größe, Länge, Dicke oder Breite das Holz zu schlagen
sei.331
329 Ebd., fol. 116r,v : Unnd wann den ursachen des holtz abganngs nach gedacht wierdt sich der unnsers achtens
furnembliche an dem befinden, das neulicher jar besonnder seither durch gemainer christenhait erbfeindtn
den Türckhen, auch prunst unnd annder vnfell an mer orten in Österreich grosser schaden beschehen. Zu
widerpauung derselben abgeprennten heüser vnnd hofstett, dergleichen anndere notwenndiger gepew, ain
merckhliche anntzall holtz verfüert, vnnd verbraucht, dardurch die wäld von danen das holtzwerch vormals
am gelegensamisten zum wasser zubringen gewest, mit der Zeit dermassen abgeedt, das es numallen gar von
weiten biß in die zwo oder drey meill wegs darzue aus wilden tieffen gräben, mit grosser müesseligkhait unnd
uncossten zu dem wasser gefüert werden mueß.
330 Ebd. 117r,v : So wissen E.M. unnd menigkhlich, das neulicher jar, der uncossten, auch der naufering und flet-
zerkhnecht belonung sambt annderm, so von Wells aus biß geen Wienn auf ausfurung des holtzwerchs erlaufft,
dermassen in erhehung unnd aufschleg khomen, das mit dem chosten damit unnser ainer vor zeiten zway oder
drey geferth holtz auf der Thuenaw leichtlich hinab bringen mugen, anyetzo mit souill auf ain geferth nit woll
oder doch gar schlechtlich geraichen khan. Wellen dennocht schweigen, was grosser geuerligkhait wir mit dem
holtzwerch in den wassergüssen vbersteen und gedulden muessen, dann offt ainem unuersechnerwise wider
allen sein angewenndten vleis mit verrinung des holtzwerchs merckhlicher schaden unnd nachtl beschiecht.
331 Ebd., fol. 118r‒119v.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499