Page - 226 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
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strategisch bedeutsame Verlauf des Wienflusses dargestellt. Auch sind kleinere, un-
bezeichnete Flussläufe wie zum Beispiel auf der großen und kleinen Schüttinsel auf-
genommen. Die große Bedeutung von Wasser im Verteidigungszusammenhang wird
aus der detaillierten Aufnahme von Festungen und Festungsstädten mit ihrem Bezug
zum Wasser deutlich. So sind drei Festungen an der Nitra – Nové Zámky, Šurany
und Komjatice – als Wasserfestungen dargestellt, ebenso Sinta an der Waag (ungar.
Szímő, heute : Zemné) und Komorn. Bei den befestigten Städten Győr (Raab) und
Mosonmagaróvár (Ungarisch Altenburg) werden die wassergefüllten Gräben dezidiert
ausgewiesen. Beachtlich ist auch die maßstäblich freilich nicht getreue Aufnahme der
Wiener Donauauen mit der ersten Darstellung des Lusthauses im Prater sowie di-
verser Donauinseln (Abb. 40). Die erst jüngst auf der Basis von Akten, Plänen und
Ansichten vorgenommene Rekonstruktion der Wiener Donau im 16. Jahrhundert20
belegt jedenfalls, dass die hier wiedergegebene Situation durchaus realistisch ist, was
sich nicht zuletzt auch an der Brückensituation – der Platzierung der Brücken auf die
Tabor- und Wolfinsel nördlich von Wien
– festmachen lässt.21 Auch die Einzeichnung
der donaunahen Orte am nördlichen Ufer, angefangen mit Aipltau (heute : Leopoldau,
Wien 21) im Westen bis hin zu Schloss Orth (HORT) an der Donau im Osten, ist
auffällig. Die Orte in Kombination mit dem Flussverlauf, der grafisch hervorgehobe-
nen Donauabbruchkante am südlichen Ufer von Fischamend Richtung Osten und der
Inselsituation geben Orientierung.
Flüsse wie die Donau können dem Transport von Truppen und Proviant dienen,
können aber ebenso Barrieren darstellen – im Positiven wie im Negativen. Eine Bar-
riere im Hinblick auf einen von Osten anstürmenden Feind bildete in jedem Fall der
eingezeichnete Neusiedlersee.
Barrieren bilden auch Hügelketten wie jene südlich von Komorn und östlich von
Raab, die den östlichen Abschluss der Karte bildet. Es handelt sich dabei um das
bewaldete Vértesgebiet und den Bakonywald, also das ungarische Mittelgebirge, an
das südlich der Balaton (Plattensee) anschließt. Im Westen bilden das Leithagebirge
sowie die nördlich Devín (Theben) anhebenden kleinen Karpaten, dazwischen die Au-
wälder der Donau eine Barriere.
Ansiedlungen in Form von Städten, Märkten, Dörfern wie auch Herrschaftssitzen
sind nicht flächendeckend eingezeichnet. Sie sind zu sehen, wenn sie Bezugspunkte
von strategischer Bedeutung waren, der Orientierung dienten oder insbesondere an
Verkehrswegen lagen. Im Osten, zum Beispiel im Raum Győr (Raab), fallen »leere«
Flächen auf. Dabei handelt es sich um tatsächlich unbesiedelte Gebiete mit sumpfigem
20 Hohensinner u. a., Steps, 148‒153 ; Sonnlechner u. a., Floods, 182.
21 Ebd.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499