Page - 232 - in Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
Image of the Page - 232 -
Text of the Page - 232 -
232 | Christoph Sonnlechner
erbaut werden durften, sodass die Stadt nun weniger Steuereinkünfte, Hilfe und
Mannschaft hatte.39
Im September 1531 wurden die Ergebnisse einer Beratung in einem Schreiben an
Ferdinand I. zusammengefasst und Vorschläge unterbreitet, wo man diejenigen Per-
sonen, die in den Vorstädten durch die Türkenbelagerung ihre Häuser verloren hatten
und die zur Ausübung ihrer Tätigkeit fließendes Wasser benötigten, in den Vorstadt-
bereichen am besten unterbringen könnte. Sie sollten Häuser und Werkstätten le-
diglich aus Holz und nicht zu nah an der Befestigung errichten dürfen, die im Bela-
gerungsfalle leicht zu entfernen seien. Unter den an den Beratungen teilnehmenden
Personen werden Jeronime de Sara, Hans Haug, Johann Tscherte sowie deutsche und
welsche Bau- und Büchsenmeister genannt. Offenbar hatte man mittlerweile entspre-
chende Experten zu Rate gezogen.40
Noch 1531 erging dann ein königlicher Befehl zur Wiedererrichtung abgebrannter
Häuser in den Vorstädten (Abb. 41) insbesondere für die Personen, die für die Aus-
übung ihres Gewerbes dringend Wasser benötigten : Das waren unter anderem die
Fischer, Lederer und Weißgerber. Dabei ging es um die Siedlungszone bey der Tonnau,
zue negst vor den Werder-Thor heroberhalb der klainen pruggen, allda vor auch die vischer
ersessen, neben dem graben zue beeden seiten. Diese Fischer, deren Anzahl damals als ge-
ring angegeben wurde, sollten nun auf zwei Höhen angesiedelt werden, die innerhalb
und außerhalb des Grabens und weit genug von der Stadtmauer entfernt lagen, wovon
die eine innerhalb des Grabens zur Stadt hin und die andere, »Badergries« genannt, au-
ßen an den Graben stießen. Hier durften sich die Fischer Häuser aus Holz bauen, die
jedoch nicht zu nahe an der Stadt liegen sollten. Sie durften sich aber auch hinüber in
dem Werd nach der Thonaw hinauff enhalb der schlagpruggen niederlassen. Die Lederer,
Weißgerber und andere Gewerbe, die Wasser brauchen, sollten in der Scheffstraße,41
von dem placz dahin das Arsonal geseczt werden soll, in Richtung zur Wienflussmündung
angesiedelt werden. Auch sie sollten nur hölzerne Häuser und Werkstätten und keine
Steinbauten errichten.42 Aus den Vorstädten abgebrochene Steine wurden zum Bei-
spiel beim Bau der Biberbastei verwendet.43
39 NÖHA W 61/C/3/A, 16. Jh., fol. 60r–63v.
40 Camesina, Urkundliche Beiträge, 55 Nr. V. – Siehe dazu auch hier im Buch das Kapitel Autopsie der
Befestigung, S. 151 f.
41 Die Scheffstraße befand sich vor dem Stubentor an der Wien und zwar zwischen Fluss und Stadtbefes-
tigung (heute 3. Bezirk, Landstraße). Siehe den Eintrag im Wien Geschichte Wiki : https://www.wien.
gv.at/wiki:Scheffstraße (31.7.2016).
42 Camesina, Urkundliche Beiträge, Nr. V. Das Arsenal ist an dieser Stelle jedoch nicht gebaut worden.
43 WStLA, Oberkammeramt, B1/1. Reihe, OKAR 1536 : Ausgaben, fol. 18v ; 1537/38, Ausgaben fol. 15r,
fol. 17v, fol. 18r/v, fol. 19r.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
back to the
book Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert - Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini"
Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499