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Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien | 251
tion sind untrennbar verbunden.« Ohne Modell ließ sich eine Festung nicht planen. Es
wurden mit seiner Hilfe strategische Probleme analysiert, um vorab Fehler zu vermei-
den, indem Linien und Winkel korrigiert werden konnten.79 Da der Grundriss einer
Festung »in der Landschaft nicht mehr so wahrgenommen werden [konnte], wie das
noch bei mittelalterlichen Kastellbauten die Regel war«,80 musste man diese in Plan-
zeichnungen und Modellen vergegenständlichen. Der in Schriftquellen vorkommende
Begriff »Model« kann neben der heutigen Bedeutung aber auch als Grundrissplan
zu verstehen sein.81 Reinhard Graf zu Solms, Generalfeldmarschall und Festungs-
bauer unter Kaiser Karl V., betonte bereits 1535 den großen Nutzen von Entwürfen
im Vorfeld von Bautätigkeiten : Zunächst müsse man eine »Visierung« (Entwurf) in
kleinem Maßstab anfertigen, da es leichter sei, daran Verbesserungen vorzunehmen als
bei einem bereits begonnenen Bau. Man solle diese zunächst ins junge (= neue) oder
kleine Maß »reißen« und dann auch »schneiden«,82 womit wohl ein dreidimensiona-
les Holzmodell gemeint sein könnte. Derartige Modelle hat es auch von der Wiener
Festung bzw. deren Einzelobjekten gegeben, jedoch hat sich keines von ihnen erhalten.
Während die in Wiener Archiven, Bibliotheken und Museen aufbewahrten bild-
lichen Quellen von der Forschung ausreichend diskutiert und bewertet worden sind,
gelang es in den letzten Jahren, in ausländischen Institutionen sowie in digitalen Me-
dien bisher weitgehend unbekannte Originale bzw. Kopien von nicht mehr erhaltenen
zeitgenössischen Vorlagen ausfindig zu machen. Aus der schriftlichen Überlieferung
wird zudem deutlich, dass Entwurfs- und Status-Quo-Pläne sowie Skizzen vorgelegen
sein müssen, die heute jedoch nicht mehr auffindbar oder nur noch in Kopien erhalten
sind.83 Von aus Schriftquellen ermittelbaren Visualisierungen (»Visierung«, »Model«,
»Abriss«) der Wiener Befestigung ist heute nur noch ein Bruchteil erhalten. So ist
bekannt, dass der Maler und Architekt Pietro Ferabosco Modelle von den Festungs-
städten Komorn, Raab und Wien anfertigte.84 Ein weiterer, heute verschollener Plan
stammte vom Baumeister Antonio Continella. Die Stadt Wien gab ihm im Jahr 1560
drei Gulden, weil er die Stadt Wien in grund gelegt und abgerissen hat.85
Einige dieser frühneuzeitlichen Pläne ermöglichen uns, in Kombination mit bauar-
chäologischen und schriftlichen Quellen Rückschlüsse auf den Verlauf und die Aus-
79 Bürger, Idee – Ideal – Idiom, 29.
80 Gebuhr, Festungsbau, 68. Ralf Gebuhr, Berlin, sei für seine zahlreichen Hinweise zu Fragen der Fes-
tungsforschung und zeitgenössischen Quellen herzlich gedankt.
81 Pálffy, Anfänge, 62.
82 Solms, Eyn gesprech, XVI. – Zu Solms siehe auch unten Anhang 9.6, S. 482.
83 Siehe dazu in diesem Band, S. 175–177 Abb. 25–27, 180 f., 183 Abb. 28 und 185.
84 Kreyczi, Urkunden und Regesten (1887), Nr. 4287.
85 Uhlirz, Urkunden und Regesten, Nr. 15768.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499