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Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien | 273
diert (wie oben S. 271 Abb. 55). Ob diese Änderung darauf zurückzuführen ist, dass
die verwendete Planvorlage einen älteren Zustand beinhaltete, den man nicht mehr
zeigen wollte, bleibt dahingestellt. Jedenfalls zeigen die »Angielini«-Pläne von Wien
die neue, 1563 weitgehend fertiggestellte Biberbastei mit zurückgezogenen Flanken-
höfen. Auf ihr ist eine kleine polygonale Fläche hervorgehoben, die möglicherweise
als erhöhte Plattform (Kavalier) zu interpretieren ist. Die Bastionsmauern sind ge-
böscht, das Mauerwerk und das Gesims sind hervorgehoben. Auf der Dresdner Va-
riante werden die Eckquadern und ein umlaufender Sockel zusätzlich betont (wie
oben S. 189 Abb. 33). Die den östlichen Flankenhof abschließende Mauer weist eine
krenelierte Brustwehr auf. Im Wiener Exemplar scheint in den Flankenhöfen noch
eine zweite Mauer auf, die diese zusätzlich zum Graben hin abschloss. Im Gegensatz
zum dargestellten stumpfen Bastionswinkel, dürfte dieser aber tatsächlich annähernd
ein rechter Winkel gewesen sein, wie andere Pläne es zeigen.154 An dieser Stelle sei
auf die zwei undatierten, als Kopie von Albert Camesina überlieferten Pläne hinge-
wiesen, die den jeweiligen Status quo der Arbeiten an der Biberbastei zum Inhalt
haben (siehe dazu oben S. 175 Abb. 25).155 Der obere Grundriss ist mit Piber Passtein
beschriftet, der Maßstab in italienischer Sprache und Schrift gegeben, was auf einen
italienischsprachigen Urheber hindeutet. Das Mauerwerk der Bastion weist die typi-
schen Strebepfeiler auf. Die Ecken waren zusätzlich durch Mauerwerk verstärkt. Die
die Flankenhöfe verbindende Kasematte verläuft parallel zur Kehle. Von dieser führt je
ein kleiner Gang nach außen in den Graben. Der zweite Grundriss, in der Camesina-
Plankopie unten dargestellt, gibt wohl den Zustand zu Beginn des Jahres 1563 wieder.
Denn Erzherzog Karl erwähnte in einem Schreiben an seinen Vater Kaiser Ferdinand
entsprechende Pläne.156 In diesem Grundriss sind der Baufortschritt wiedergegeben
sowie die zukünftigen Tätigkeiten beschrieben, wobei auch Unterschiede im Mauer-
verlauf der Kasematten im Vergleich zum oberen Plan feststellbar sind.
Die grabenseitige Kurtinenmauer zwischen Biberbastei und Bastei bei den Predi-
gern ist auf den »Angielini«-Plänen von Wien wiedergegeben (oben S. 187–189 Abb.
31–33). Stadtseitig schließt an die Mauer ein breiter Wall an. Diese Art der Darstel-
lung deckt sich mit derjenigen auf dem Plan der Wiener Stadtbefestigung aus dem
Königlichen Kriegsarchiv in Stockholm (unten nach S. 312 Tafel 9). Im Gegensatz
dazu ist dieser Abschnitt der Kurtine in der Planskizze von Bartolomeo de Rocchi
154 Zum Beispiel : Plan der Befestigung aus dem Königlichen Kriegsarchiv in Stockholm, Planskizze des
Bartolomeo de Rocchi um 1568, Skizze von Carlo Theti, um 1576 sowie der Vogelschauplan des Wolf
Stromer von Reichenbach um 1595/1603 (unten Anhang 9.7, S. 486 und 489 Nrr. 13, 19, 21 und 22).
155 Vgl. auch hier im Buch, S. 186–189.
156 FHKA NÖHA W 61/C/3/C, Allgemein 1563 Jänner 27, fol. 802r ; FHKA NÖHA W 61/C/3/B, 1563
Jänner 22, fol. 663r.
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Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Title
- Wien als Festungsstadt im 16.Jahrhundert
- Subtitle
- Zum kartografischen Werk der Mailänder Familie Angielini
- Authors
- Ferdinand Opll
- Heike Krause
- Christoph Sonnlechner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2017
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20210-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 586
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Inhalt
- Einleitung 9
- Die Angielinis, ihr Werk und Wirken 10
- Wien als Festungsstadt 13
- Terminologie und Onomastik 14
- Internet 16
- Abbildungen 17
- Dank 17
- 1 Die Familie Angielini und ihr kartografisches Schaffen 21
- 1.1 Biografisches 21
- 1.2 Das beruflich-persönliche Umfeld der Angielinis 38
- 1.3 Das kartografische Werk der Familie Angielini 44
- 1.4 Die Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten in Wien, Dresden und Karlsruhe 51
- 1.5 Exkurs : Die in den fünf »Angielini«-Atlanten vorkommenden Wasserzeichen 52
- 1.6 Analyse und Autopsie der fünf »Angielini«-Atlanten 59
- 2 Der in den »Angielini«-Atlanten erfasste Raum 87
- 3 Der ungarische Raum und die Stadt Wien in frühen kartografischen Zeugnissen 101
- 4 Der frühneuzeitliche Festungsbau in Theorie und Praxis 127
- 5 Wien wird Festungsstadt – Der Ausbau nach der Belagerung von 1529 bis in die Mitte der 1560er Jahre 147
- 5.1 Die fortifikatorischen Folgen der Ersten Türkenbelagerung von Wien im Jahr 1529 147
- 5.2 Der Festungsbau aus umwelthistorischer Perspektive 197
- 6 Autopsie und Kontextualisierung der drei »Angielini«-Pläne von Wien 221
- 6.1 Das weitere Umfeld – eine Annäherung an die Stadt 221
- 6.2 Die unmittelbare Umgebung der Stadt 228
- 6.3 Die Befestigung 250
- 6.3.1 Bastei bei dem Burgtor 252
- 6.3.2 Bastei zwischen Burg- und Schottentor 255
- 6.3.3 Bastei beim Schottentor 258
- 6.3.4 Elendbastei 261
- 6.3.5 Arsenal und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer 263
- 6.3.6 Neutorbastei 267
- 6.3.7 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Werdertor und Piattaforma samt neuer Kurtine 268
- 6.3.8 Piattaforma 268
- 6.3.9 Mittelalterliche Stadtmauer zwischen Piattaforma und Biberbastei 270
- 6.3.10 Biberbastei 272
- 6.3.11 Bastei bei den Predigern 274
- 6.3.12 Stubentor und angrenzende Kurtinen 277
- 6.3.13 Untere Paradeisbastei 278
- 6.3.14 Unteres Zeughaus auf der Seilerstätte 281
- 6.3.15 Obere Paradeisbastei 282
- 6.3.16 Bastei beim Kärntner Tor 286
- 6.3.17 Mittelalterliche Stadtmauer und sogenannter Augustinerturm 290
- 6.3.18 Stadtgraben 292
- 6.3.19 Resümee 293
- 6.4 Das Stadtinnere 294
- 7 Zusammenfassung und Summary 305
- 8 Tafeln 313
- 9 Anhang 325
- 9.1 Die mit dem kartografischen Schaffen der Familie Angielini in Verbindung stehenden kartografischen Darstellungen 325
- 9.2 Anzahl der in den »Angielini«-Atlanten enthaltenen Stadtpläne, Festungsgrundrisse und -schrägansichten 457
- 9.3 Reihenfolge der in den Überlieferungen der »Angielini«-Atlanten enthaltenen kartografischen Darstellungen 459
- 9.4 Konkordanz der in den Stadtplänen, Festungsgrundrissen und -schrägansichten der »Angielini«-Atlanten verwendeten Ortsnamen 462
- 9.5 Italienische Festungsbaumeister des 16. Jahrhunderts (bis ca. 1580) und ihre Einsatzgebiete im habsburgisch-osmanischen Grenzbereich 466
- 9.6 Festungsbautraktate des 15. und 16. Jahrhunderts und ihre Autoren 479
- 9.7 Chronologisches Verzeichnis der im Buch häufig verwendeten Wien-Pläne und Wien-Ansichten (15.‒18. Jahrhundert) 483
- 10 Glossar 494
- 11 Verzeichnisse 499