Seite - 16 - in Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Band I
Bild der Seite - 16 -
Text der Seite - 16 -
Einführung16
später entstandenen deutschen Übersetzung zirkulierenden Novelle wohl durch die
beispielhafte Kombination von Petrarca-Humanismus und Boccaccios Erzähltradi-
tion ein faszinierendes literarisches Zeugnis seiner Zeit. Er setzt damit den Anfang
einer über drei Jahrhunderte anhaltenden und überaus reichen Produktion entschei-
dender Texte der italienischen Literaturgeschichte auf österreichischem Boden.
In der Erziehung von Erzherzog Maximilian sowie in den Ende des 15. Jahr-
hunderts einsetzenden Berufungen italienischer Intellektueller an Kaiserhof und
Universität zeigen sich schließlich die konkreten Auswirkungen von Piccolominis
Einfluss. Die lateinische Panegyrik für die in Wien und Prag residierenden Herr-
scher des 16. Jahrhunderts ist wohl noch von dessen Rezeption geprägt, auch wenn
sich dieser höfische Humanismus von Gelehrten und Künstlern weniger auf litera-
rischem Gebiet als in einem allgemeinen Kulturprogramm der Bücher- und Kunst-
sammlungen sowie der öffentlichen Repräsentation manifestiert.
Diesen ebenfalls von den italienischen Modellen der Hofkultur ausgehenden
Bestrebungen einer sich vom mittelalterlichen Schwertadel emanzipierenden Füh-
rungsschicht kommen die Organisationsformen der Akademiebewegung und das
literarische Konzept des Petrarkismus entgegen. Die in einem von Pietro Bembo
konzipierten Programm der spielerischen Abwandlung von Petrarcas Canzoniere be-
stehende Strömung des Petrarkismus erlaubt auch interessierten Amateuren eine
respektable Beteiligung am Literaturbetrieb, ja lädt geradezu ein, die Bausteine der
literarischen Konvention im Rahmen eines höfischen Gesellschaftsspieles immer
wieder neu zu ordnen. Durch die Kombination dieses poetischen Konzepts mit der
in den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts über die italienischen Fürstenhöfe
nach Österreich vordringenden Schule der Madrigalistik intensiviert sich die Rezep-
tion der italienischen Lyrik im Original und bereits auch in Übertragungen, was der
erste Druck einer Liedersammlung in Wien 1582 bezeugt.
Neben der Nachahmung italienischer Akademietraditionen am Wiener Kaiser-
hof, wo aus dem Petrarkismus hervorgegangene Thematiken mit der stilistischen
Brillanz des barocken Konzeptismus verbunden werden, scheint für Österreich vor
allem bemerkenswert, dass diese kulturellen Aktivitäten auf den Gebieten der Li-
teratur und Musik von der seit der Reformation sich vertiefenden Abneigung der
protestantischen Kreise gegen jeglichen italienischen Einfluss unberührt bleiben.
Besonders die reformatorischen Intellektuellen Niederösterreichs rund um Johann
Wilhelm von Stubenberg und seine Schülerin Catharina Regina von Greiffenberg
arbeiten an einer möglichen Verbindung von südländischer Literaturtradition und
ihrer konfessionellen Orientierung, womit sie allerdings in einer zunehmend von
der italienischen Gegenreformation geprägten Atmosphäre scheitern müssen.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549