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Einführung18
tern der österreichischen Führungsschicht gewidmet sind. Es bilden sich am Wiener
Kaiserhof, in Böhmen sowie an den Universitäten Salzburg und Innsbruck sogar
halbprivate Gesellschaften, die sich mit den genannten Konzepten auseinanderset-
zen, ihre Verbreitung unterstützen und ihre Umsetzung in politische Maßnahmen in
den von Österreich regierten Gebieten fördern.
Ab den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts werden die zentraleuropäischen
Länder von der Begeisterung für die italienische Improvisationskomödie erfasst,
welche durch z.T. berühmte Truppen zunächst bei höfischen Veranstaltungen und
später auch in Tourneen durch die größeren Städte bekannt wird. Diese ab dem
18. Jahrhundert als Commedia dell’arte bezeichnete, äußerst dynamische Form des
Unterhaltungstheaters mit einer kaum wechselnden Konstellation von charakteris-
tischen Masken in einem relativ stereotypen Handlungsablauf fasziniert vor allem
durch die Professionalität der oft akrobatisch agierenden Schauspieler, die in ihrer
mimischen Spontaneität selbst sprachliche Hindernisse bei einem das Italienische
bzw. dessen Dialekte nur teilweise beherrschenden Publikum zu überwinden wissen.
Die jüngere Forschung hat nachgewiesen, dass die lange Zeit tradierte Überzeu-
gung von einer nur marginalen Bedeutung in den süddeutschen Gebiete nicht rich-
tig ist, denn ab der 1568 anlässlich der Fürstenhochzeit in München von Orlando di
Lasso geleiteten Darbietung sind in den folgenden zwei Jahrhunderten regelmäßig
Aufführungen in den Ländern der österreichischen Monarchie nachweisbar, werden
Texte kopiert und fließen Motive aus der Commedia all’improvviso in die Programme
der Bildenden Künste ein. Auch wenn es keine dem Théâtre italien in Paris vergleich-
bare Institution gibt, kann dennoch von einer breiten Präsenz und tiefen Wirkung
der italienischen Truppen auf die Entwicklung des Unterhaltungstheaters bei Hof,
in den Städten und auf den Jahrmärkten ausgegangen werden. Spezifische Figuren
und Themen der österreichischen Volkskomödien des 18. Jahrhunderts gehen ohne
Zweifel auf diesen mit der Rezeption der deutschen Wanderbühne vermischten Ein-
fluss der Commedia dell’arte zurück.
Dabei ist ausdrücklich zu betonen, dass aus ökonomischen Gründen die litera-
risch relevanten Formen dieses Unterhaltungstheaters zunächst unter dem Schutz
der Führungsschicht stehen und erst allmählich eine Verschmelzung mit den viel-
fältigen Formen der akrobatischen und musikalischen Belustigungen von einer
wesentlich freieren Art vor sich geht. An zahlreichen Szenen und Figuren des ös-
terreichischen Musiktheaters des 17. und 18. Jahrhunderts lassen sich Bekanntheit,
Beliebtheit und Weiterentwicklung der italienischen Improvisationskomödie able-
sen, deren regionale Verwurzelung bis in einzelne Bearbeitungen von Opernlibretti
der Spätaufklärung nachweisbar ist.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549