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Durch den allgemein in Europa wachsenden kulturellen Einfluss Frankreichs und
durch die dynastischen Verbindungen mit Lothringen geht die Bedeutung der italie-
nischen Literatur am Wiener Kaiserhof ab dem Tod von Karl VI. zurück. Es werden
zwar in den Repräsentationsprogrammen die bewährten Rezepte aus der Glanzzeit
der Poeti cesarei bewahrt, die festlichen Unterhaltungen öffnen sich jedoch zuneh-
mend neben französischen Importen den in Italien durch Carlo Goldoni erfolgreich
verbreiteten Mustern des Melodrams. Dieses Dramma giocoso per musica bietet mit
seinen realistischen Figuren aus einer kleinadeligen und bürgerlichen Welt komö-
dienhafte Alltagssituationen mit psychologisierendem Handlungsablauf, wofür sich
das in die kommerziell geführten, öffentlichen Theater strömende Publikum begeis-
tert. Mit einer Verringerung der italienischen Präsenz bei Hof geht eine bisher in
der Forschung unterschätzte Verbreitung der italienischen Libretti in einer breite-
ren Öffentlichkeit der Städte vor sich, wovon die nun häufig zweisprachig gedruck-
ten Textbücher zeugen.
Diese Welle von importierten Texten des italienischen Musiktheaters, die für die
Aufführungen nördlich der Alpen häufig neu vertont werden, bereitet den Boden
für die letzte große Entfaltung der italienischen Literatur in Österreich in der zwei-
ten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Im Zeichen der Opernreform von C. W. Gluck
übernehmen die immer weniger an den Hof gebundenen Librettisten die neuen
Konzepte der Empfindsamkeit und leiten somit durch die Darstellung der durch
die Vernunft nicht kontrollierbaren Leidenschaften die in der italienischen Literatur
nach Metastasio bereits überwundenen Modelle der Spätaufklärung in eine Frühro-
mantik über. Lorenzo Da Ponte, dem in seinen Bearbeitungen bekannter Vorlagen
faszinierende Aktualisierungen gelingen, führt mit seinem aus der Wiener Tradition
der italienischen Hofdichter ableitbaren Stil die Librettistik außerhalb Italiens zu
einem letzten Höhepunkt.
Neben der systematischen Darstellung dieser literarischen Produktion zeigt der
vorliegende Band auch auf, dass in dieser Epoche der politischen Aufklärung in Ös-
terreich zahlreiche Vertreter der italienischen Reformbewegungen vor allem aus der
Lombardei auf entscheidende Entwicklungen Einfluss nehmen.
Die italienische Literatur in Österreich sowie die aus Italien importierten Werke
finden ihre systematische Verbreitung durch die Tätigkeit bedeutender Druckerdy-
nastien in den großen Städten (vor allem Wien und Prag). Das sich über zwei Jahr-
hunderte erstreckende Wirken der auf italienische Texte spezialisierten Hof- und
Universitätsbuchdrucker wird im vorliegenden Band in Kurzdarstellungen gewür-
digt, um die immer wiederkehrenden Namen in die entsprechenden Zusammen-
hänge einzuordnen.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549