Seite - 30 - in Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Band I
Bild der Seite - 30 -
Text der Seite - 30 -
Der italienische Humanismus in
Österreich30
persönlichen Wertschätzung ernennt ihn Karl IV. zum Pfalzgrafen (comes palatinus),
wodurch er in den Genuss der damit verbundenen Privilegien kommt (Fam. XXI.2).
Die 1357 in Mailand einlangende Urkunde ist mit einem prächtigen goldenen Sie-
gel des Kaisers ausgestattet, das Petrarca in seinem Dankschreiben an Johannes von
Neumarkt (Fam. XXI.2) ausführlich beschreibt. Daher scheint es nur verständlich,
dass Petrarca in seinem Brief an Ernst von Pardubitz (Fam. XXI.1) den Prager Hof
als kulturelles Zentrum lobt:
Ego vero nichil barbarum minus, nichil humanum magis profiteor me vidisse
quam Cesarem et aliquot circa eum summos viros, quorum modo nominibus sci-
enter abstineo, summos, inquam, viros et insignes, dignos maiore memoria; quod
ad hec attinet, abunde mites et affabiles, etiam si Athenis athicis nati essent.
Nach weiteren brieflichen Kontakten (z.B. Fam. XXI.5–8) erhält Petrarca schließ-
lich im Juni 1360 von Karl IV. den Auftrag, das vom österreichischen Herzog Ru-
dolf IV. (1339 – 65, ab 1357 verh. mit Katharina von Luxemburg, der Tochter von
Karl IV.) unmittelbar nach Antritt seines Erbes 1358 vorgelegte Privilegium maius13
zu untersuchen. In den Bestimmungen der 1356 von Karl IV. erlassenen Goldenen
Bulle waren die bedeutenden Familien der Habsburger und der Wittelsbacher ohne
Kurwürde geblieben. Rudolf IV. versucht, diese politische Niederlage seines Vaters
Albrecht II. durch Berufung auf eine Serie von Dokumenten auszugleichen, in wel-
chen Vorrechte der österreichischen Länder wie der Titel Pfalzerzherzog, die Un-
teilbarkeit der habsburgischen Länder, die Erblichkeit des Lehens (sogar in weibli-
cher Linie) und diverse andere Ansprüche mit besonderen Zugeständnissen aus der
Vergangenheit begründet werden. Auf der Grundlage einer wahrscheinlich echten
Urkunde von Kaiser Heinrich IV. vom 4. Oktober 1058 wird eine materiell nicht
nachweisbare Fälschung vorgenommen, indem in dieses Dokument je ein Zitat von
Julius Cäsar und von Nero eingefügt werden, aus welchen die österreichischen Pri-
vilegien ableitbar wären. Die beiden Stellen lauten:14
Nos Iulius Imperator, nos cesar et cultor deorum, nos supremus terre imperia-
lis augustus, nos sustentator orbis universi plage Orientalis terre suisque incolis
Romanam veniam et nostram pacem. Vobis mandamus per nostrum triumphum,
13 Diese Bezeichnung schließt an das 1156 von Kaiser Friedrich I. Barbarossa gewährte Privilegium minus
an, mit dem die Mark Österreich zum Herzogtum erhoben und damit ein wesentlicher Schritt zur Her-
anbildung eines unabhängigen Staates getan wurde.
14 Vgl. Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen 8 [1852], 108ff.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549