Seite - 37 - in Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Band I
Bild der Seite - 37 -
Text der Seite - 37 -
37Enea
Silvio Piccolomini in Wien
Historia Austrialis (Historia rerum Geschichte Österreichs (Geschichte
Friderici III imperatoris) Kaiser Friedrich III.), 1453–5;35
Dialogus pro donatione Constantini Dialog über die Konstantinische
Schenkung, 1454.36
Noch bevor beinahe alle diese Werke entstehen, wird Piccolomini, der sich in die
100 Jahre zuvor von Petrarca begründete Tradition der humanistischen Geschichts-
schreibung und der politischen Korrespondenz einreiht, in einer feierlichen Dich-
terkrönung in Frankfurt am 27. Juli 1442 (der ersten Zeremonie dieser Art im deut-
schen Sprachraum) von Friedrich III. zum Poeta laureatus erhoben. Diese ebenso
im Zeichen Petrarcas, der sie am 8. April 1341 auf dem Kapitol in Rom verliehen
bekam, stehende Auszeichnung würdigt offenkundig Piccolominis Aktivitäten wäh-
rend des Konzils in Basel und verpflichtet ihren Träger zu künftigen treuen Diens-
ten im Interesse des Kaisers. Durch eine Bulle vom 29. Oktober 1442 gesteht Papst
Felix V. Piccolomini außerdem zu, ihm seine päpstliche Sekretärstelle während sei-
ner Tätigkeit für Friedrich III. zu bewahren.
Als sich im November 1442 Kaiser Friedrich III. auf der Rückkehr von seiner
Krönungsreise in Basel aufhält, wird Piccolomini in den Hofstaat aufgenommen und
im Januar 1443 in Brixen in Gegenwart des aus Italien zurückgekehrten Kanzlers
Kaspar Schlick (1396 –1449) vereidigt. Spätestens im April 1443 trifft er mit dem
Hof in Wien ein.
In seinen Traktaten über rechtliche und politische Fragen in Bezug auf das Ver-
hältnis zwischen Kaisertum und Papsttum wird der Poeta laureatus seinen Verpflich-
tungen nachkommen und geschickt seine Vermittlerrolle für seine eigene Karriere
nützen. Enea Silvio Piccolomini kann daher auch als erster Poeta cesareo am österrei-
chischen Hof betrachtet werden, obwohl diese Funktion offiziell erst auf Grund der
besonderen Anforderungen der barocken Hoffeste nach der Mitte des 17. Jahrhun-
derts geschaffen wird. Er versteht sein Wirken nördlich der Alpen ohne Zweifel – wie
aus seinen Reden und Briefen ersichtlich – als Vermittlung der humanistischen Bil-
dungsbewegung, als aktiven Beitrag zur Erziehung der künftigen Fürsten und sieht
sich als juridischer und philosophischer Berater seines Dienstherrn. Im Lichte dieses
Beitrages zur besseren Lenkung des öffentlichen Lebens muss sich der bei Hof tätige
35 Adam Frantisek Kollár (Hg.): Analecta monumentorum omnis aevi vindobonensia. Bd. 2. Libellus dialo-
gorum de generali concilii auctoritate et gestis Basiliensium. Wien 1762, S. 1–476.
36 Giuseppe Cugnoni (Hg.): Aeneae Silvii Piccolomini Senensis […] opera inedita. (Reale Accademia dei
Lincei, Ser. 3a: Memorie della Classe di scienze morali, storiche e filologiche, 8) Rom 1883, S. 234 –299.
– Duane Henderson: Zur Entstehung und Überlieferung des sogenannten Dialogus de donatione Constan-
tini des Enea Silvio Piccolomini. In: Fuchs (Hg.): Enea Silvio Piccolomini nördlich der Alpen, S. 97 –120.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549