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Silvio Piccolomini in Wien
in Briefen berichtet. Ob das an seiner geringen lyrischen Begabung liegt oder an der
geringen Akzeptanz dieser Gesten von Seiten der Empfänger, ist nicht zu klären.
Die erfolgreiche Enkomiastik entfaltet sich vielmehr in den klassischen humanisti-
schen Formen der Historiographie und der Traktatistik.
Piccolominis Pentalogus (1443) präsentiert in seiner nach dem Vorbild Ciceros
aufgebauten Dialogform die Argumente für die Einheit der katholischen Kirche
und die neue politische Macht des Kaisertums: König Friedrich, Bischof Silvester
von Chiemsee, Bischof Nikodemus von Freising, Kanzler Kaspar Schlick und Pic-
colomini selbst diskutieren über das Konzept eines erstarkten Kaisertums, das auf
die Idee der translatio imperii bei Otto von Freising zurückgeht, und kritisieren allzu
nationalistische italienische Humanisten wie Leonardo Bruni (1370 –1444; Historia
Florentini populi, 1421) und Flavio Biondi (1392–1463; Italia illustrata, 1474).
Drei Jahre später bietet Piccolomini dann in dem Brieftraktat De ortu et aucto-
ritate imperii Romani (1446) eine Rückschau auf die Politik eines allzu zögernden
Herrschers, der sich wenig entschlossen oder fähig zeigt, das universelle Kaisertum
zu errichten, dessen Ursprung und Autorität ihn zur umfassenden Schutzmacht der
Kirche legitimieren würden. Nikolaus von Kues (1401–54) hat in De concordantia
catholica (1433–34) ähnlich argumentiert und die verworrenen Territorialinteressen
der einzelnen Fürsten zugunsten eines weiter reichenden monarchischen Prinzips
verurteilt. Das Ausmaß der kaiserlichen Gewalt sei gleichzusetzen mit jenem im rö-
mischen Imperium, alle inzwischen eingetretenen Sonderentwicklungen seien nichts
als Privilegien, die nur durch Missbrauch und Gewohnheit ihren Rechtsstatus er-
reicht hätten. Die Allmacht der Kaiser müsse aber über diesen Partikularrechten
stehen, denn dieser sei dem allgemeinen Wohlergehen und besonders dem Schutz
der katholischen Kirche verpflichtet. In welchem Widerspruch allerdings die tat-
sächliche Politik des Kaisers zu diesen Theorien steht, zeigt die spätere endgültige
Anerkennung des Privilegium maius für Österreich 1452– 53.
Der monumentalste Beitrag Piccolominis zur würdigenden Darstellung der Ta-
ten seines Protektors ist ohne Zweifel die Historia Austrialis, deren erste Fassung aus
dem Spätherbst 1453 ein Fragment zeitgeschichtlichen Inhalts mit Konzen tration
auf die Figur des Kaisers darstellt. Das Werk beschreibt Friedrichs Karriere bis zur
Königswahl 1440, seine unmittelbar anschließende Einsetzung als Vormund des
ungarischen Königs Ladislaus Postumus, sowie Friedrichs Regierungstätigkeit im
Reich, in den österreichischen Ländern und in Ungarn bis 1446. Erst die zweite
Fassung wird dem Titel Historia Austrialis gerecht, denn sie beginnt mit einer topo-
graphischen Skizze Österreichs und resümiert die Geschichte der Babenberger bis
Herzog Leopold II. († 1095). Nach einem Sprung in die Zeitgeschichte steht in der
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549