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Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Band I
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55Enea Silvio Piccolomini in Wien Februar und März 1455 in Wien war Wyle ebenfalls anwesend. Im November 1459 hat der deutschsprachige Frühhumanist schließlich Gelegenheit, seinem großen Vor- bild – inzwischen Papst Pius II. – sein eigenes rhetorisches Können in lateinischer Sprache als Gesandter auf dem Fürstenkongress in Mantua zu beweisen. Wyles 1472 erstmals in Nürnberg gedruckte Version der Novelle erlebt begeisterte Aufnahme in Deutschland: zusätzlich zu den drei Gesamtausgaben von Wyles Translatzen erfolgen bis 1550 noch acht Einzelausgaben dieser Novelle, welche in mehr oder weniger ge- treuen Versionen letzten Endes Eingang in Volksbücher findet. Von literarhistorisch geringster Bedeutung bleibt Piccolominis lateinische Ko- mödie Chrysis, die auf humanistische Vorbilder in Italien (vor allem die Leonardo Bruni Aretino zugeschriebene Polyxena – Poliscena) zurückgeht. Wegen ihrer Lie- besthematik und vor allem wegen ihres sprachlichen Ausdrucks liegt dem Verfasser später als Papst sehr viel daran, diesen Text in Vergessenheit geraten zu lassen, was ihm bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts auch gelingt. Unter dem deutlich sichtbaren Einfluss von Terenz und Plautus, dessen über- liefertes Komödienwerk Nikolaus von Kues 1429 durch seine Wiederentdeckung einiger Texte komplettiert hatte, unternimmt Piccolomini in seiner Chrysis eine humanistische Neubelebung der klassischen Verskomödie. Mit seiner spezifischen Übertragung typisch antiker Konstellationen von komischen Charakteren in die zeitgenössische Realität Italiens und Deutschlands markiert er den Beginn der phi- lologischen Auseinandersetzung mit der lateinischen und griechischen Theatertra- dition und den Möglichkeiten ihrer Aktualisierung in Neulatein und in den Volks- sprachen. Zwei ältere Priester, Dyophanes und Theobolus, verkehren mit zwei Kurtisanen, Chrysis und Cassina, die sie trotz deren professioneller Verfügbarkeit exklusiv für sich haben möchten, wobei sie besonders eifersüchtig sind auf zwei junge Rivalen, Sedulius und Charinus. Nach vielen Komplikationen, deren Struktur nicht immer überzeugend scheint, entscheiden sich die beiden Frauen schließlich für ein stabiles Verhältnis zu den wohl situierten Priestern. Dazwischen treten relativ viele Figuren nur kurz und ohne wirklichen Bezug zur Handlung auf, um einzelne Szenen amü- santer zu gestalten oder um gewisse Aspekte eines Lasters zu illustrieren. Es handelt sich bei Chrysis insgesamt um eine Sittenkomödie über die menschlichen Schwächen wie Habgier oder Wollust, die der Autor karikaturhaft in einer Art Katalog der sün- digen Leidenschaften darlegt, wobei er dem menschlichen Leichtsinn ein besonde- res Augenmerk schenkt. So erklärt z.B. Dyophanes in Szene I, was für ein angenehmes Leben er und Theobolus als Priester führen, da ihnen ihr Zölibat sogar ein freieres Liebesleben als
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Die italienische Literatur in Österreich Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die italienische Literatur in Österreich
Untertitel
Von den Anfängen bis 1797
Band
I
Autor
Alfred Noe
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78730-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
780
Schlagwörter
Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 9
  2. I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
    1. I.1 Francesco Petrarca in Prag 28
    2. I.2 Enea Silvio Piccolomini in Wien 35
    3. I.3 Die Humanisten an den Höfen und Universitäten 56
    4. I.4 Die Panegyrik für Maximilian I 64
    5. I.5 Die Späthumanisten zwischen Wien und Prag 72
  3. II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
    1. II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
    2. II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
    3. II.3 Barocke Akademien 92
    4. III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
    5. III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
    6. III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
    7. III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
  4. IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
    1. IV.1 Italienische Truppen in Österreich und Böhmen 143
    2. IV.2 Die Commedia dell’arte im österreichischen Musiktheater des 17. und 18. Jahrhunderts 157
    3. IV.3 Italienische Texte der deutschen Wanderbühne in Österreich 188
  5. V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
    1. V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
    2. V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
    3. V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
    4. V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
    5. V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
    6. V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
    7. V.7 Aufzüge und Rossballette 302
    8. V.8 Musikalische Feste 305
    9. V.9 Faschingsopern 314
    10. V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
    11. V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
    12. V.12 Hochzeitsopern 375
  6. VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
    1. VI.1 Die Kontakte der italienischen Frühaufklärer zum Wiener Hof 393
    2. VI.2 Die geistlichen Libretti der Generation vor Metastasio 399
    3. VI.3 Die weltlichen Libretti der Generation vor Metastasio 419
    4. VI.4 Pietro Metastasio – der Hofdichter als Monument 449
  7. VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
    1. VII.2 Die neuen Leidenschaften im Libretto 504
    2. VII.3 Die italienischen Reformbewegungen und Österreich 524
  8. VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
    1. VIII.1 Die Drucker italienischer Werke 531
    2. VIII.2 Das Libretto als wichtigste Gattung 538
    3. VIII.3 Übersetzungen in das Deutsche 540
    4. VIII.4 Die Präsenz in den Bibliotheken 545
  9. IX. Verzeichnis der Drucke 549
    1. Bibliographie 685
    2. Riassunto 713
    3. Personen- und Titelregister 725
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