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Panegyrik für Maximilian I.
Sforza (1472–1510) im März 1494 in Innsbruck geboten. Der mailändische Jurist
Giasone Dal Maino (Jason Maynus, 1435–1519) rühmt natürlich die Schönheit, An-
mut und Reinheit von Bianca Maria, deren Familie er ja vertritt, widmet sich dann
aber in der Hauptsache Maximilian als dem künftigen Bollwerk gegen die Türken-
gefahr, der allein in seinem Namen die beiden römischen Heerführer gegen Kar-
thago (Quintus Fabius Maximus und Publius Cornelius Aemilianus Scipio) in sich
vereine. In seiner als Flugblatt gedruckten (Basel 1494) und als Prunkhandschrift ko-
pierten (ÖNB Cod. Ser.n. 12.594) Rede lobt Maynus die edle Abstammung des Kai-
sers, seine umfassenden Sprachkenntnisse und seine unerschütterliche Verteidigung
des Christentums, in welcher ihm sein Schwiegervater Ludovico Sforza beistehen
möge. Pandolfo Collenuccio (Pandolphus Collenutius, 1444–1504), der Gesandte
des Herzogs von Ferrara, Ercole d’Este, feiert den Kaiser mit Hinweis auf seine lite-
rarischen Interessen als imperator litteratus, preist sein nobles Geschlecht und rühmt
in ausgesuchten Parallelen zu antiken Herrschern seine iustitia, liberalitas, prudentia,
fortitudo und clementia. Trotz seines vorgeführten rhetorischen Könnens sieht sich
der Redner außer Stande, alle Tugenden eines so idealen Herrschers aufzuzählen,
der das Glück und Wohlbefinden seiner Untertanen sowie der gesamten Christen-
heit garantiere.
Durch die Ehe mit Bianca Maria Sforza nimmt die Zahl der am kaiserlichen Hof
beschäftigten Italiener sprunghaft zu, da sie ihre persönlichen Vertrauten, von der
Kammerfrau bis zum Beichtvater, aus Mailand mitbringt.117 Unter ihren humanis-
tisch gebildeten Sekretären befindet sich der Bruder des bereits erwähnten Pietro
Bonomo: Francesco Bonomo, poeta et orator, Graece et Latine peritus, reginae Romano-
rum secretarius, wie er von seinen deutschen Kollegen betitelt wird,118 betätigt sich
als einer der frühesten Lehrer des Altgriechischen im deutschen Sprachraum und
wird zwei Mal, 1493 und 1497, von seinen humanistischen Freunden vergeblich als
Kandidat für den Poetik-Lehrstuhl in Wien favorisiert.
Neben dem zu einem nicht bekannten Zeitpunkt von Maximilian I. zum Dichter
gekrönten Ludovico Bruni119 spielt der ca. 1480 in Cividale geborene Riccardo Sbru-
lio (Sbroglio) eine bedeutende Rolle in der höfischen Panegyrik. Sbrulio begrüßt Ma-
ximilian am Reichstag von Konstanz 1507 mit einem Carmen, hält sich an oft wech-
selnden Orten vorwiegend in Deutschland auf und pflegt in der Folge enge Kontakte
117 Vgl. Anneliese Gatt: Der Innsbrucker Hof zur Zeit Kaiser Maximilians I. 1493–1519. Diss. Innsbruck 1943.
118 Vgl. Der Briefwechsel des Konrad Celtis. Gesammelt, hg. und erl. von Hans Rupprich. München 1934,
S. 196.
119 Vgl. Dieter Mertens: Maximilians gekrönte Dichter über Krieg und Frieden. In: Franz Josef Worstbrock
(Hg.): Über Krieg und Frieden im Horizont des Renaissancehumanismus. Weinheim 1986, S. 105–123.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549