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Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen
Frühaufklärung106
In Folge der sich ausbreitenden Gegenreformation laden zahlreiche Landesfürsten
die Ordensgemeinschaft als wichtigen Verbündeten ihrer Politik der Rekatholisie-
rung des ländlichen Adels in ihre Gebiete ein. Erzherzog Ferdinand II. (1529–95)
nimmt mit dem Orden mehrjährige Verhandlungen auf, die schließlich 1561 zur
Gründung einer ersten Niederlassung in Innsbruck führen. 1571 stiftet Erzherzogin
Magdalena von Tirol (1532– 90) das Jesuitenkolleg in Hall in Tirol; ein weiteres in
Feldkirch folgt 1649.
Erzherzog Karl II. und sein Sohn Ferdinand (der spätere Kaiser Ferdinand II.)
rufen die Gesellschaft Jesu nach Innerösterreich, wo 1572 zwölf Jesuiten in Graz das
erste Ordenshaus gründen, 1604 in Klagenfurt, 1613 in Leoben und 1621 in Juden-
burg. Es folgen weitere Ansiedelungen in Kärnten, Krain, Görz und Gradisca, dar-
unter die Jesuitenkollegien in Görz, Laibach (Ljubljana), Klagenfurt und Marburg a.
d. Drau (Maribor). 1585 wird schließlich die Jesuitenuniversität in Graz gegründet.
Auf Grund ihrer kosmopolitischen Zusammensetzung kann die Gesellschaft Jesu
ihre Missionstätigkeit durch Predigten in deutscher, slowenischer und auch ita-
lienischer Sprache vorantreiben, wofür u.a. die aus Italien stammenden Cornelio
Gentilotti, Giovanni Posarelli, Scipione Sgambati und Ambrogio di Pennalosa zu
nennen sind.208 Zu den produktivsten Schriftstellern der Jesuiten in Österreich zählt
ohne Zweifel der in Brescia geborene und in Wien verstorbene Giovanni Bucelleni
(1599–1669), Rektor der Kollegien in Preßburg und Kaschau sowie Provinzial von
Österreich, der u.a. in Wien seine Officina epithetorum, appelativorum et nominum pro-
prium (1637), Meditationes de passione Jesu Christi (1655) und Asceticae considerationes
(1666 – 69) veröffentlicht. Der bedeutendste Autor des Jesuitentheaters in Öster-
reich, Nicolaus von Avancini (1611– 86), stammt allerdings aus einem deutschspra-
chigen Adelsgeschlecht Südtirols und wird in Graz erzogen, so dass er hier nicht
gewürdigt werden kann.
Bei der weitgehend noch analphabetischen Bevölkerung stützt sich die Wieder-
bekehrung zur katholischen Kirche, welche die Gesellschaft Jesu mit eindrucksvol-
lem Einsatz vorantreibt, auf die effektvolle Rhetorik der Predigten:
Zu gewissen Zeiten, vor allem in jenen der Gegenreformation und der Glaubens-
kämpfe, wurden gelegentlich drastische barocke Predigtweisen, zumal bei den
Volksmissionen der Jesuiten, angewandt. Es wird deutlich, wie in der religiösen
Volksunterweisung des Barock die Predigt, die im frühen Mittelalter wenigstens
in den vorliegenden Niederschriften erstaunlich trocken und affektlos ist, sicht-
208 Vgl. Johannes Nepomuk Stoeger: Scriptores provinciae Austriacae societatis Jesu. Vienna 1856.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549