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Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen
Frühaufklärung118
Herzgruft der Habsburger (als gewissermaßen intimes Pendant zur monumentalen
Sarkophaggruft in der Kapuzinerkirche) dient.231
Neben bemerkenswerten Veröffentlichungen auch in entlegeneren Provinzen
Österreichs wie der 1680 in Bozen gedruckten, vermutlich aus dem lateinischen
Original übersetzten Predigt mit dem Titel Gravità del peccato mortale von Marco
d’Aviano und konventionellen Sammlungen von Texten weniger prominenter Geist-
licher wie den äußerst umfangreichen Prediche, discorsi, e lezioni (Wien 1692) von
Bartolomeo Beverini (1629–86) verdient die 1691 in Wien erschienene Assemblea
de’ cigni, per celebrare i sudori apostolici sparsi […] l’avento e la quaresima 1690–1691
von Girolamo Ventimiglia (1644–1710), dem späteren Bischof von Lipari, besondere
Erwähnung, weil es sich dabei um eine literarische Umarbeitung seiner Advent- und
Fastenpredigten in Gedichtform handelt, welche die außergewöhnliche Überzeu-
gungskraft des Autors in expressive Formen der spirituellen Lyrik überträgt.
Nur handschriftlich überliefert (ÖNB Cod. 11.666) ist die im Advent 1680 in der
Kapelle der Kaiserin-Witwe Eleonora abgehaltene Accademia sacra del verbo distinta
in nove sermoni per l’aspettatione del parto di Maria Vergine des Minoritenpaters Vito
Lepori († 1672) aus Görz. Die einzelnen Teile dieser Leopold I. gewidmeten Pre-
digtsammlung beinhalten sehr hermetische Spekulationen und rhetorische Wort-
spiele über den theologischen Begriff Verbo.
Im Rahmen der Begräbnisfeierlichkeiten für Kaiserin Margarita Teresa, der ers-
ten Gemahlin von Leopold I., veröffentlicht 1673 der am Hof tätige italienische
Adelige Alberto Caprara (1631–85) seine Rede La donna forte. Oratione funebre […]
per la morte di Margarita d’Austria imperatrice, deren Titel auf die christliche Stand-
haftigkeit der Verstorbenen hinweist. Schon ein Jahr zuvor hat Caprara in Wien
eine Trostschrift für eine Familienangehörige (Consolatione per la Marchesa Olimpia
Nari Caprara nella morte d’un suo figlio) drucken lassen, die die Leidensfähigkeit einer
christlichen Mutter zum Thema hat.
Anlässlich des Todes der zweiten Gemahlin von Kaiser Leopold I. erscheint in
Wien eine anonyme Grabrede mit dem für die Epoche sehr programmatischen Titel
Chi vive sogna. Discorso Funebre ne’ Funerali dell’Imperatrice Claudia, celebrati il giorno
18. di Maggio, l’Anno 1676, worin eben die Vergänglichkeit des irdischen Lebens
und all seiner Träume an der außergewöhnlichen Person der Kaiserin dargestellt
wird. In diesen thematischen Rahmen passt auch die 1689 in Wien veröffentlichte,
philosophische Betrachtung La solitudine e la speranza. Discorso des in zahlreichen ita-
lienischen Städten predigenden Franziskaners Ignazio Savini.
231 Vgl. auch das gleichzeitig in Prag von der Familie Lobkowitz gestiftete, monumentale Loretoheiligtum.
Vgl. Monika Wiegele: Der Loretokult im Habsburgerreich von Trsat bis Prag. Diss. Wien 2000.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549