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153Italienische
Truppen in Österreich und Böhmen
Das Theatergebäude auf dem so genannten Kayserlichen Thumbelplatz in der Burg
(dem heutigen Josefsplatz), wo die Komödien aufgeführt werden, ist vermutlich jene
Konstruktion aus Holz, die Giovanni Burnacini (1610–55) 1653 für den Reichstag
in Regenburg anfertigen ließ.319 Burnacini, der ab 1652 als Architekt (d.h. in sei-
nem Fall Bühnenbildner) am Hof tätig ist, hat diesen Bau in den Dimensionen einer
kleinen Kirche für ein Fassungsvermögen von ungefähr 1000 Zuschauern und mit
einer Bühnentechnik für acht verschiedene Szenen entworfen. Die Kosten für den
ursprünglichen Bau belaufen sich auf über 13.000 Gulden; die Wiedererrichtung
nach der jahrelangen Lagerung kostet 1.173 Gulden.
Am 21. Februar 1667 spielen Mitglieder des Hofes im Hoftheater eine Komödie
mit dem Titel Hospitale de’ pazzi, in welcher bekannte Figuren der Improvisations-
komödie wie Pulcinella, Zanni, Coviello, Graziano und Burattini von den allegorischen
Figuren der Zeit und des Verstands betreut und geheilt werden, so dass sie in dem
abschließenden Gran Ballo ihre Fehler in einem Spiegel erkennen. Mit einer ähnli-
chen Besetzung durch Mitglieder des Hofes kommt 1676 vor dem Kaiserpaar eine
Improvisationskomödie mit dem Titel Strafuino imbrogliato nei stravaganti amori e
tamburino per disperazion zur Aufführung, deren Besonderheit in den ausgepräg-
ten Dialektvarianten liegt (Strafuino in bergamaskischem Dialekt, Pantalone in der
Umgangssprache von Venedig, Dottore in jener von Bologna, und die Serva in einer
abenteuerlichen Mischung aus Deutsch und Italienisch).
Im Januar 1692 gibt Leopold Wilhelm von Königsegg in seinem Lustschloss in
Gumpendorf, einem Vorort von Wien (heute Teil des sechsten Bezirks) einen unter-
haltsamen Abend für Mitglieder des Hofes, bei welchem von einer „Compagnia itali-
ana del famoso Piemontese Taborino“ 320 Szenen mit Musik, Ballet und Komödie darge-
boten werden. Wenige Tage später steht bei einem Fest im Palais des Erbmarschalls
von Niederösterreich, Otto Heinrich von Abensberg-Traun, eine Commedia italiana
vermutlich von der selben Truppe auf dem Programm. Am 6. Februar schließlich
spielen die italienischen Komödianten vor dem Kaiser bei Hof eine burleske Komö-
die.
Das Interesse des adeligen Publikums an den Darbietungen von Giovanni Tom-
maso Danese, der unter der Maske des Tabarino auftritt, ist offenbar so groß, dass er
im März bei den Behörden um die Pacht des Ballhauses in der Himmelpfortgasse
ansucht, um dort nach der Fastenzeit öffentliche Vorstellungen geben zu können.
Dabei wird ohne Zweifel, wie schon zuvor bei Hof, die Situationskomödie Il Basi-
319 Schindler: Mio compadre Imperatore, S. 67–80.
320 Schindler: Mio compadre Imperatore, S. 67–80.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549