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159Die
Commedia dell’arte im österreichischen Musiktheater des 17. und 18. Jahrhunderts
tätige Komponist Orlando di Lasso für die Inszenierung der zu diesem Anlass
aufgeführten Komödie verantwortlich zeichnet. Mit Recht kann man die Verbin-
dung mit der Oper daher als einen der prominentesten Faktoren in der Verbrei-
tung der Commedia dell’arte im höfischen Milieu der mitteleuropäischen Länder
betrachten:
Neben der Schauspielkunst und dem literarischen Lustspiel war es vor allem die
Oper, […] über die die Commedia dell’arte im 17. und 18. Jahrhundert auf die
deutschen Bühnen gelangte. Bereits in den Anfängen der italienischen Oper, in
Oratio Vecchis Amfiparnaso (vermutl. 1594), war die Stegreifkomödie mit allen
ihren Masken präsent. So war auch die erste im Jahre 1625 in Wien aufgeführte
Oper eine italienische Komödie mit Gesang, in der – neben den Sängern – die
sechs Musiker in Kostümen der Figuren der Commedia dell’arte auftraten.341
Die frühesten Belege für die Kombination von Commedia dell’arte und Musikthe-
ater in Österreich reichen in die zwanziger Jahre des 17. Jahrhunderts zurück und
stehen mit höfischen Festen in unmittelbarer Beziehung. So soll z.B. im Juli 1622
am Tag nach der Krönung von Eleonora Gonzaga in Ödenburg zur Königin von
Ungarn, laut Bericht des kaiserlichen Hofkaplans Sebastiano Forteguerra342 an den
Herzog von Mantua, eine musikalische Komödie aufgeführt werden, die aber lei-
der vom Chronisten nicht mehr beschrieben wird. Im Juni 1624 wird in Wien zum
Anlass der Durchreise des polnischen Thronfolgers Władysław Wasa eine Comoedia
Italica inszeniert, von der die Quellen ausdrücklich berichten, sie sei musikalisch dar-
geboten und gesungen worden (musicaliter agitur et decantatur).343
Im darauf folgenden Jahr, im Juli 1625, beauftragt Kaiserin Eleonora die Hofmu-
siker für das Geburtstagsfest von Kaiser Ferdinand II. mit der Aufführung eines ge-
sungenen italienischen Versdramas im Großen Saal der Neuen Burg,344 von dem
Franz Christoph Khevenhüller in seinen Annales Ferdinandei (1724) ausführlich be-
richtet, und aus denen die Einbeziehung typischer Figuren der Improvisationskomö-
341 Brauneck: Die Welt als Bühne II, S. 356.
342 RAGGVAGLIO| Della Felicissima Coronatione | DELLA AVGVSTISSIMA | IMPERATRICE | ELE-
ONORA | IN REGINA D’VNGHERIA | SEGUITA | In Edemburgh alli 26. di Luglio 1622: | AL
SERENISSIMO SIGNORE | IL SIG: DVCA DI MANTOVA, | E DI MONFERRATO. | Scritto | DA
SEBASTIANO FORTEGVERRA | CAPPELLANO CESAREO. | Jn Vienna d’Austria, appresso Matteo
Formica, 1622.
343 Bolko Schweiniz (Hg.): Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa in die Länder Westeuropas in den
Jahren 1624–25. München 1988, S. 50 –52. – Schindler: Sonst ist es lustig alhie, S. 586f.
344 Das entspricht dem von Kaiser Rudolf II. erbauten, später Amalienburg genannten Trakt an der Nord-
seite des Burghofes.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549