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163Die
Commedia dell’arte im österreichischen Musiktheater des 17. und 18. Jahrhunderts
Als typischer Vertreter jener aus der Improvisationskomödie abgeleiteten Dienerfi-
guren der Opernlibretti, die als komische Begleiter ihres heroischen Herrn dazu die-
nen, die ernste Handlung immer wieder zu brechen und die Tragik des Geschehens
mit ihrer urtümlichen Triebhaftigkeit zu relativieren, kann die Gestalt des Martano
in einem für die gesamte Gattung charakteristischen Werk von Francesco Ximenez
Arragona358 gelten:
LA FORZA | DELLA FORTUNA | e DELLA VIRTÙ | o vero | GL’AMORI
D’IRENA | DRAMMA PER MVSICA | DI | TEOFILO | Rappresentato alla
Corte Imperiale | per solennizare il Giorno Natalizio | DELLA SAC: CES:
MAESTÀ | DI | LEONORA | IMPERATRICE | Per comando | DELLA
SAC: CES: MAESTÀ | DI | LEOPOLDO | IMPERATORE | Ed à questa hu-
milissimamente consacrato. | – | IN VIENNA D’AUSTRIA, | Appresso Mat-
teo Cosmerovio, Stampatore della Corte, M DC LXI.
In der Szene XIX offenbart Martano, der Diener des heldenmütigen Oronte, sei-
nen überaus naiven Charakter, wenn er zugibt, dass er die wahren Tugenden seines
Herrn bisher nicht wahrgenommen hat und ihn keinesfalls auf seinen ritterlichen
Abenteuern begleiten möchte, da er seiner nicht würdig sei:
Martano. In questo giorno Oronte ha fatto guerra?
Scusi, per certo ell’erra.
Il mio Padron Soldato?
Eluira. Anzi prode Guerriero.
Martano. Voi sete una bugiarda, e non è vero.
Anzi s’ell’è così
À prendermi licenza or, or me’n vado;
Che à si bravo Padrone
Vnito esser non deve
Servo, come son io, tanto poltrone. (S. 32)
358 Der 1631 in Florenz geborene und 1670 in Warschau verstorbene Ximenez Arragona ist vorwiegend als Di-
plomat tätig (z.B. 1658–62 als Botschafter der Toskana in Venedig) und wirkt zeitweilig unter dem erst vor
kurzem von Seifert entschlüsselten Pseudonym Teofilo auch als Dichter und Theaterleiter am Kaiserhof.
1661 verfaßt er zum Geburtstag von Kaiserinwitwe Eleonora das von Giacomo Tiberti vertonte Dramma
per musica La Forza della Fortuna e della Virtù o vero Gl’Amori d’Irena. Zu dem selben Anlaß schreibt er 1668
Il Ciro vendicatore di se stesso (Musik von Antonio Draghi), sowie für den Fasching 1669 Chi più sa manco l’in-
tende, Overo Gli Amori di Clodio, e Pompea (Musik von Antonio Draghi und Leopold I). Ximenes ist damit ein
typischer Vertreter der adeligen Dilettanten unter den italienischen Librettisten in Österreich.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549