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165Die
Commedia dell’arte im österreichischen Musiktheater des 17. und 18. Jahrhunderts
der zweite Akt schließt mit einem Ballo delle scimmie. Dass dieser aus der Improvisa-
tionskomödie und den dort auftretenden Juden, Zigeunern und Mohren abgeleitete
Exotismus großen Anklang findet, bezeugt das Libretto zu Vero Amor Fà soave ogni
Fatica von Antonio Draghi (am 2. Februar 1667 mit der Musik des Autors und der
Ballettmusik von Schmelzer im Hoftheater gespielt), dessen Handlung in Äthiopien
spielt, wodurch gewisse Mechanismen der Heiterkeit verkehrt werden: der Gott
Amor ist dunkler Hautfarbe und neben einer Carmela serva Gobba tritt als Karikatur
der barocken Mode afrikanischer und indianischer Domestiken in adeligen Häusern
Margoffo, servo di Corte bianco auf.
Der bühnenwirksame Zauber dieser exotischen Figuren liegt natürlich auch in
ihren phantastischen Kostümen, wie Giovanni Andrea Moniglia in der Einleitung
zu Ercole in Tebe, einer 1661 in Florenz mit der Musik von Jacopo Melani und un-
ter Mitwirkung des später in Österreich tätigen Tenors Antonio Cesti aufgeführten
Oper, in Bezug auf Iolao, servitore moro di Teseo darlegt:
Egli vestia all’Affricana vna giubba di raso mauì, adornata con ricamo splendente;
copriua l’oscuro colore della sua nera gamba gentile calzare di candido argento,
e le molte gioie, che d’ogn’intorno il fregiauano, la grandezza dinotauano del suo
Signore; […] (S. 134)
In einer der bedeutendsten Quellen für die Geschichte des Musiktheaters am Wie-
ner Kaiserhof, der zu Beginn dieses Abschnittes kurz erwähnten elfbändigen, aus
Drucken und Handschriften bestehenden Sammlung zahlreicher Texte von höfi-
schen Aufführungen während beinahe der gesamten Regierungszeit von Leo-
pold I.,360 finden sich die unterschiedlichsten Beispiele für die Entwicklung der
Spaßmacherfiguren, die letzten Endes alle auf die Dienergestalten der Commedia
dell’arte zurückgehen. In Aurelio Aurelis Inventione dramatica La Virtù guerriera
(1659) tritt der für die frühe venezianische Tradition typische Satyr als Verkörpe-
rung der komischen Triebhaftigkeit auf; in La Roselmina fatta canora361 (1662) von
Aurelio Amalteo befindet sich der gewohnte Satiro nicht nur in Gesellschaft einer
Satira, eines seiner viel seltener eingesetzten weiblichen Pendants, sondern auch eines
ebenso bizarren wie lächerlichen Eteorogeneo Meteorologico, dessen Vorhersagen erwar-
tungsgemäß mindestens genauso falsch wie mysteriös sind, sowie eines Zizzalardone
Hoste, dessen Namen seinen Geschäftspraktiken alle Ehre macht; in der Introduzione
360 Unter der Signatur 792.410–B.Th. in der ÖNB.
361 Eine Überarbeitung der Roselmina. Favola tragisatiricomica von Lauro Settizonio, gedruckt 1595 in Ve-
nedig.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549