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213Die
Bedeutung der Historiographie
de’ Romani CXXII (Wien 1686–88, zweiteilige Folgeausgabe Wien 1697)442 der Per-
son des österreichischen Herrschers eine noch monumentalere Dimension, indem
er bereits im Titel dessen Platz in der Reihe der römischen Kaiser seit der Antike
hervorhebt, deren Wirken Leopold im Sinne Konstantins, des ersten Beschützers
des Christentums, weiterführt. Der 1654 vermutlich in Mantua geborene Comazzi
kommt im Februar 1683 als Gesandter des Herzogs Ferdinando Carlo Gonzaga an
den Kaiserhof und knüpft enge Kontakte zur Kaiserin-Witwe Eleonora II. Gonzaga,
der er auch seine 1685 in Wien gedruckte philosophische Abhandlung La mente del
savio widmet. Wegen seiner eindeutigen Haltung für Österreich und gegen Frank-
reich, mit dem Mantua geheime Absprachen trifft, verliert er seine diplomatische
Funktion und wird um 1686 kaiserlicher Historiograph in Wien, wo er 1711 stirbt.
Neben einem Bericht über die Krönung von Erzherzog Joseph zum ungarischen
König in Preßburg (Coronazione del re dell’Ungaria Giuseppe arciduca d’Austria cele-
brata in Posonia l’anno 1687. li 9. decembre. Wien 1687 und 1688) veröffentlicht Co-
mazzi eine Fürst Karl von Salm gewidmete philosophische Abhandlung mit dem
Titel La Morale dei Principi Osservata nell’Istoria di tutti gl’Imperadori, che regnarono in
Roma (Wien 1689, 1697 und 1706), deren französische Übersetzung 1707 in Wien,
die deutsche 1719 in Tübingen und Ulm erscheinen. Comazzis bemerkenswerte Is-
toria della flotta cesarea sul Danubio, die strategische Vorteile des Einsatzes einer Do-
nauflotte gegen die Türken darlegt, ist nur als Handschrift (ÖNB Cod. 8.232 und
12.461) überliefert.
In seinem staatspolitischen Traktat Politica e religione trovate insieme nella persona,
parole e azioni di Gesù Cristo, secondo l’Evangelo di S. Giovanni (zuerst Nikopolis (?)
1706 und 1707, dann Köln 1709 und Trient 1712) entwickelt Comazzi die Kon-
zeption des katholischen Absolutismus weiter in Richtung einer aufgeklärten Idee
von der Funktion eines fürsorglichen Herrschers, der in seinen Ländern Politik
und Religion zum Wohle der Untertanen kontrolliert. Ausgesprochen theologische
Interessen Comazzis manifestieren sich schließlich in seinem 1710 in Köln publi-
zierten Werk La coscienza illuminata dalla teologia di S. Tommaso d’Aquino ristretta e
volgarizzata (die erweiterte zweibändige Ausgabe davon erscheint posthum 1711 in
Köln und Trient).
Weniger bemerkenswert scheint die 1688 – 91 in Wien gedruckte Historia Austri-
aca des aus Parma stammenden Girolamo Branchi (1635–1700), der auch eine Reihe
von enkomiastischen Texten zu wichtigen Ereignissen in der kaiserlichen Familie
442 Der Titel der 1690 in Augsburg erschienenen deutschen Übersetzung lautet: Jmmer grünender Käy-
serlicher Lorbeer=Krantz/ Oder: Grundrichtige Erzehlung Der Fürtrefflichsten Staats=Verrichtungen/ und
Glorwürdig
sten Heldenthaten Des ietzo Regierenden Unüberwindlichsten Römischen Käysers Leopold des Grossen.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549