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Oratorio sacro des sonst nicht nachweisbaren Tomaso Astolfi in der Vertonung von
Giuseppe Torelli (1658–1709), der sich für wenige Monate in Wien aufhält, auf
dem Programm. In der Fastenzeit 1701 schließlich gibt es drei neue Oratorien: das
im Katalog der ÖNB Riccardo Rodiano zugeschriebene Werk515 La conversione di
Maddalena mit der Musik von Giovanni Bononcini, Il giudizio di Salomone des völlig
unbekannten Rinaldo Ciallis516 in der Vertonung von Marc’Antonio Ziani (1653–
1715), der ab 1700 Vizekapellmeister am Kaiserhof ist, und das vermutlich von Vin-
cenzo Parisi (1661–1720) verfasste Il Martirio di Santa Caterina mit der Musik des
Kastraten Pier Francesco Tosi (1654–1732), der ab 1701 als Musikagent für den Hof
tätig und 1705–11 als Hofkompositor angestellt ist. 1701 bringt weiters am Karfrei-
tag, den 25. März, eine Uraufführung, nämlich Il Fascietto di Mirra, in petto alla sposa
de’ Sacri Cantici. Rappresentazione Sacra vermutlich von Cupeda in der Vertonung von
Marc’Antonio Ziani vor dem Hl. Grab in der Hofburgkapelle.
Die Fastenzeit 1702 hingegen bietet neben dem nur handschriftlich überlieferten
Oratorium Il convito di Baldassarre eines unbekantten Autors mit der Musik von Pirro
Capacelli Albergati (1663–1735) das ebenso anonyme L’amante Innocenza, Trionfa-
trice della Perfidia, overo Santa Cecilia, Vergine e Martire. Oratorio mit der Musik von
Badia, worin ein Erzähler die Figuren dieser Märtyrerlegende (S. Cecilia – Valeri-
ano Sposo – Tiburzio Fratello di Valeriano – Almachio Prefetto) auf den Stationen
der Bekehrung und des Martyriums begleitet. Besonders bemerkenswert scheint in
diesem Jahr die Aufführung des vermutlich von dem weitgehend unbekannten Gio-
vanni Andrea Lorenzani verfassten Santa Dimpna, infanta d’Irlanda. Oratorio in der
nicht erhaltenen Vertonung von Johann Joseph Fux (1660–1741), der auf dem Titel-
blatt des Druckes als Gioan Antonio Fux bezeichnet wird.517 In dem im frühmittelal-
terlichen Irland angesiedelten, zweiteiligen Santa Dimpna verweigert sich die von
S. Gerberno, Eremita bekehrte Prinzessin der barbarischen dynastischen Tradition,
gemäß derer ihr Vater sie nach dem Tod ihrer Mutter heiraten möchte. Die der
Legende nach in eine Höhle bei Geel in Belgien fliehende Dymphna bekräftigt am
515 Der er aus Bianzè im Piemont stammende Augustiner-Eremit Riccardo Rodiano veröffentlicht seine
Conversione di S. Maria Maddalena. Rappresentazione sacra bereits 1612 in Neapel; die handschriftliche
Notiz auf den Titelblättern des italienischen Originals und der deutschen Übersetzung des Wiener
Librettos von 1701 stammt vermutlich aus dem beginnenden 20. Jahrhundert und ist bisher nicht nach-
vollziehbar.
516 Das Werk stammt vermutlich, wie spätere Libretti von Ciallis, aus Venedig: Il giudizio di Salomone. Orato-
rio sacro, recitato dalli RR. Preti della Congregazione dell’Oratorio alla Madonna della Fava in Venezia. Venezia:
Domenico Lovisa 1698.
517 Zwei Drucke von Lorenzanis Santa Dimpna figlia del re d’Irlanda erscheinen 1687 in Rom und in Modena.
Es gibt auch Santa Dimpna principessa d’Irlanda. Tragedia sacra von Giuseppe Berneri (Rom 1667 und
1675). Geistliche Musikdramen und Oratorien
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549