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261Geistliche
Musikdramen und Oratorien
Divino – La Pazienza – L’empio prosperato – L’Ostinazione – La Penitenza) wer-
den Leid und Ungerechtigkeit als göttliche Prüfungen der Standhaftigkeit des
gläubigen Menschen interpretiert.
Bei den Ursulinen wird am 21. Oktober 1704 La Giuditta. Oratorio von Pietro
Ottoboni (1611–91) mit der Musik von Badia gespielt.
In der Fastenzeit 1705 werden in der Hofburgkapelle drei neue Oratorien
aufgeführt: La Morte del cor penitente eines ungenannten Autors mit der Musik des bereits
lange verstorbenen Legrenzi, in dem mit einer kleinen Besetzung (Peccatore – Penitenza
– Speranza – Coro di Pene) der Wert von Reue und Hoffnung besprochen wird; La
profezia d’Eliseo nell’assedio di Samaria von Giovanni Battista Neri († 1726) in der Verto-
nung von Ariosti, worin eine schaurige Begebenheit des Alten Testaments (zwei Frauen
beschließen während Belagerung von Samaria die eigenen Kinder zu essen, worauf der
Prophet die daraus entstehenden Konflikte schlichten muss) erzählt wird; La regina di
Saba von Pier Maria Ruggieri mit der Musik von Fux, das die bekannte Begegnung der
Titelfigur mit Salomone Rè d’Israele in Begleitung von Nathan Profeta illustriert.
Am Karfreitag, den 10. April 1705, wird vor dem Hl. Grab in der Hofburgkapelle Le
due passioni, una di Christo nel Corpo, l’altra della Vergine Madre nell’Anima. Rappresentazione
sacra von Pietro Antonio Bernardoni mit der Musik von Marc’Antonio Ziani gespielt.
Darin besprechen die aus den Evangelien bekannten Gestalten (Maria Vergine – Gio-
vanni Evangelista – Maria Maddalena – Simone Cireneo – Giuseppe d’Arimathia – Ni-
codemo) die Passion Christi. Der 1672 in Vignola geborene Pietro Antonio Bernardoni
ist ab 1691 Mitglied der frühaufklärerischen Accademia dell’Arcadia, wirkt in Bologna
und Paris, arbeitet ab 1701 zunächst als Assistent von Cupeda, ab 1705 als dessen Nach-
folger als Hofdichter in Wien. Nach dem Tod von Joseph I. hält sich Bernardoni trotz
seines weiter laufenden Vertrages in Mailand und Paris auf. 1714 stirbt er in Bologna.
In der ersten Saison nach dem Tod von Leopold I., in der Fastenzeit 1706, wird
das traditionelle Programm mit drei neuen Oratorien in der Hofburgkapelle von
zumindest teilweise bekannten Personen weitergeführt: Nabuccodonosor von Rocco
Maria Rossi (Accademico Gelato, ed Operoso) mit der Musik von Ariosti, Santa Te-
resa von vermutlich Bernardoni oder aber dem biographisch kaum fassbaren Gio-
vanni Domenico Filippeschi, das 1707 und 1708 wiederholt wird, und das anonyme
Il Gioseffo in der Vertonung von Francesco Bartolomeo Conti (1681/82–1732), der
seit 1701 als Theorbist am Hof tätig ist und später unter Karl VI. Hofkompositor
wird.521 Am Karfreitag vor dem Hl. Grab wird Bernardonis La morte vinta sul Calva-
rio. Oratorio mit der Musik von Marc’Antonio Ziani aufgeführt, worin die Verkörpe-
521 Hermine Weigel Williams: Francesco Bartolomeo Conti. His Life and Works. Ann Arbor 1967.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549