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267Die
Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts
Die kleine Oper, das nur in einer Handschrift überlieferte Marte placato. Componimento
scenico per musica, behandelt den in der antiken Literatur oft thematisierten Wettstreit
zwischen Mars und Adonis um die Gunst von Venus. Die große, L’Argia. Dramma mu-
sicale, erzählt in einer Spieldauer von 6–7 Stunden nach einem Prolog mit Teti und
Amore vor allem die Liebesabenteuer der Kinder von Atamante re di Cipro, den in
dieser Aufführung Cesti selbst singt. Der schon als Kind entführte und in Thrakien auf-
gewachsene Sohn Atamantes, Lucimoro, verlässt fluchtartig die mit ihm verlobte Argia
Prencipessa di Negroponte und verliebt sich in Zypern in die Königstochter Dorisbe,
ohne zu ahnen, dass diese seine Schwester ist. Ihm folgt Argia532 als Mann namens Lau-
rindo verkleidet, in welchen sich Dorisbe ihrerseits verliebt. Auf der Suche nach seiner
Schwester verliebt sich Feraspe Prencipe di Negroponte in Dorisbe, womit sich die
Liebeskette schließt. Nach zahllosen Verwicklungen, welche durch einen Orakelspruch
von Venus noch mysteriöser erscheinen, und zusätzlichen Komplikationen durch die
Kurtisane Filaura, die alte Amme Dema und den Hofnarren finden die beiden Paare
schließlich glücklich zueinander. Die für die Prachtausgabe des Librettos von Valerio
Spada angefertigten neun Kupferstiche der Bühnenbilder sowie des Vorhangs zeigen die
Handlungsschauplätze: Meer und Hafen von Salamis auf Zypern, königlicher Audienz-
saal, Venus-Tempel, Gemächer im Palast, Garten mit königlichem Palast, Loggia mit
Kerkern, Stadt Salamis und Kampf-Arena. L’Argia wird in den folgenden Jahrzehnten
auf zahlreichen Bühnen z.B. in Neapel 1667, Siena 1669, Venedig 1669, Verona 1671,
Mailand 1673, Udine 1673, Livorno 1674 und Viterbo 1680 wieder aufgenommen.
Am Hof von Ferdinand Karl werden weiters 1656 L’Orontea. Dramma musi-
cale von Giacinto Andrea Cicognini533 und 1657 Apollonis La Dori, jeweils mit
der Musik von Cesti, gespielt. Beide Werke werden werden 1661 in Florenz im
Rahmen der Hochzeitsfeierlichkeiten für Cosimo III. de’ Medici und Marguerite
d’Orléans neuerlich dargeboten. 1665 sieht Leopold I. in Innsbruck La Dori, das
danach vermutlich am Faschingsdienstag 1673 in den Räumen der Kaiserin-Witwe
Eleonora in Wien und sicher 1680 in Innsbruck in einer Aufführung durch Mit-
glieder des Hofes von Statthalter Karl V. von Lothringen wieder dargeboten wird.
Ab 1659 wirkt Francesco Sbarra – wie bereits erwähnt – als Nachfolger Apollo-
nis in Innsbruck und schreibt hier für Cesti, den er seit der Zusammenarbeit in Ve-
nedig für das Erzherzog Leopold Wilhelm gewidmete Dramma musicale Alessandro
vincitor di se stesso (1651) kennt, Venere cacciatrice. Dramma musicale, das zu Ehren
des Salzburger Erzbischofs Guidobald von Thun (1616–68) aufgeführt wird. Die
532 Gesungen von dem damals 20 Jahre alten Antonio Pancotti, der in seinen späten Lebensjahren zuerst
1697–1700 als Vizehofkapellmeister und dann bis 1709 als Hofkapellmeister in Wien tätig sein wird.
533 Uraufführung Venedig 1649.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549