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Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im
Barock288
Zum Geburtstagfest der Kaiserin am 6. Januar 1697 in ihrer Kammer greift Minato
in Le piramidi d’Egitto. Trattenimento musicale mit der Musik von Draghi das seit dem
Späthumanismus die europäischen Intellektuellen faszinierende Thema der alten
ägyptischen Kultur auf. In einer trotz des intimen Rahmens aufwändig inszenierten
Folge von Bildern werden die ungelösten Rätsel, welche das alte Ägypten und seine
nachfolgenden Dynastien dem Barockzeitalter aufgeben, ausgehend von Motiven
der griechischen Mythologie und in den Randglossen mit zahlreichen, hauptsäch-
lich aus den Werken von Athanasius Kircher stammenden Nachweisen zu erklären
versucht. Rassemitico, Rè dell’Egitto hat von einer Reise in die Unterwelt einen gol-
denen Schleier aus dem Besitz Proserpinas mitgebracht, mit dessen Hilfe die alten
Hieroglyphen durch Priester (Rassemitico Vecoride, Miri e Sesostre: Tutti grandi
nell’Egitto – Tolomìta, Beronìca e Cirene: Tutte famose nell’Egitto) entziffert wer-
den können. Zahlreiche kleine, in den Druck des Librettos eingefügte Kupferstiche
geben diese mysteriösen Zeichen wieder, von welchen im Text gesprochen wird. Die
letzte Darstellung, die Mutter des Horus, leitet dann über zu Ovationen an die Kai-
serin.
Auf Homers Ilias beruht die vermutlich am 21. Mai 1697 zum Geburtstag von
Eleonore Maria von Lothringen in der Vertonung von Badia gespielte Serenade La
pace tra i numi discordi nella rovina di Troia. Serenata von Minato. Der bekannte Göt-
terstreit während des trojanischen Krieges, in welchem Giunone, Pallade und Net-
tuno auf seiten der Griechen, Venere, Marte und Apolline auf seiten der Trojaner
stehen, endet mit der Prophezeiung des neutralen Giove, dass der bevorstehende
Untergang Trojas zur Gründung des Römischen Reiches führen werde. Der Friede
unter den Göttern wird schließlich auch im Vorausblick auf die Casa d’Austria her-
beigeführt, die damit ihre Genealogie aus den selben Wurzeln wie das julisch-claudi-
sche Kaiserhaus herleitet, wie bei Vergil in Vers 286 des ersten Buches der Aeneis zu
lesen ist: „nascetur pulchra Troianus origine Caesar“.
Am 9. Juni 1697 wird abends im Garten der Favorita Minatos Le promesse degli
dei. Trattenimento per musica mit der Musik von Richter aufgeführt. Anlässlich ei-
ner Götterversammlung zum Geburtstag des Kaisers fordert das Streben nach Aus-
gewogenheit (Il Zelo dell’Equità) die Bewohner des Olymp auf, diesen verdienst-
vollsten aller Monarchen mit ihrer jeweils wertvollsten Gabe zu ehren. In einer
lockeren Szenenfolge erscheinen nun Jupiter als Garant der Gastfreundschaft und
der Nächstenliebe (Gioue, Dio dell’Hospitalità, e del Giouare), Juno als Beschüt-
zerin der Ehen, der Herrscher und der Geburten (Giunone, Dea de’ Matrimonij,
de’ Regni, e de’ Parti), Mars als Herr des Krieges und der Tapferkeit (Marte, Dio
della Guerra, e del Valore), Concordia als Garantin der Einheit und des allgemeinen
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549