Seite - 330 - in Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Band I
Bild der Seite - 330 -
Text der Seite - 330 -
Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im
Barock330
neun Bühnenbildern von Burnacini und mit drei Balletteinlagen von D. Ventura
aufgeführt. Dieses Libretto in drei Akten mit je zwölf Szenen behandelt die Torheit
von Personen niedrigen und hohen Standes nach Überlieferungen aus zahlreichen
antiken Quellen (hauptsächlich Theopompos, Leonidas von Tarent, Pausanias, Pli-
nius, Galenus und Eustathios). Aggatocle, Figlio di Lisimaco, fu Rè di Traccia, ist
mit Hilfe von Arpesia, Figlia di Dromichete, Rè de’ Geti, aus der Gefangenschaft
entkommen. Nun schlagen sich die beiden in verschiedenen Verkleidungen bis zum
Hof von Cotti Rè di Traccia durch. Dieser ist inzwischen wegen seiner vergeblichen
Liebe zu Arpesia, die ihm von ihrem Vater versprochen worden war, verrückt gewor-
den (das Personenverzeichnis bezeichnet ihn als Vn Pazzo di varij Delirij) und weist
die Gefühle der ihn anbetenden Acco (Vna Pazza di più Fantasie) zurück. Die Kon-
frontation der Gegenspieler endet mit einer Versöhnung zwischen Aggatocle und
Cotti, sowie der Zusammenführung der beiden Paare Aggatocle und Arpesia sowie
Cotti und Acco. Die Nebenpersonen (Vn Decrepito Innamorato – Vn Astrologo –
Vn Pedagogo – Vna Venditrice d’Erbe – Vn Pesciuendolo) führen zusätzlich die un-
terschiedlichen Verbindungen von Paaren verschiedenen Alters und Charakters vor,
welche in grotesker Weise von dem dummen Diener Melitide kommentiert werden.
Das Werk wird zehn Jahre später, am 14. Februar 1692, wieder aufgenommen.
Am 28. Februar 1683 wird in den Räumen des Kaisers Minatos Lo Smemorato.
Trattenimento musicale in der Vertonung von Draghi und A. A. Schmelzer gespielt.
Die 18 Szenen dieser Faschingsunterhaltung (Nel Carnouale) bieten in drei Büh-
nenbildern von Burnacini und drei Balletteinlagen von D. Ventura eine heitere Aus-
einandersetzung mit altersbedingter Gedächtnisschwäche. Laut Plinius d.Ä. (Natu-
ralis Historia 7,24) hat der Rhetoriklehrer Messala Coruino mit der Zeit derart sein
Gedächtnis verloren, dass er seine Tochter Armidia nicht – wie ursprünglich ver-
sprochen – Emerio gibt, sondern sie mit Dromiteno verheiraten will. Emerio tröstet
sich mit Armidias Schwester Corimite, was Frissone, seruo goffo di Messala mit den
entsprechenden animalischen Kommentaren versieht.
Als zusätzliche Unterhaltung wird im Fasching 1683 Minatos Il trionfo del car-
nevale. Musica fatta nel Carneuale per una Mascarata in der Kammer von Kaiserin-
Witwe Eleonora als Auftakt zu einem Fest gespielt. Die in der Partitur erhaltenen
Textfragmente (ÖNB Mus. Hs. 17.920 Leop.) bestehen aus einer Folge von trium-
phalen Auftritten, wo im Zusammenspiel von Singstimmen und Instrumenten die
Freuden des Karnevals gepriesen werden.
Die Türkenbelagerung von 1683 und die daran anschließenden Kämpfe zur
Rückeroberung von Ungarn scheinen das bis dahin übliche Faschingsprogramm des
Hofes aus materiellen und wohl auch ideellen Gründen in Frage zu stellen, denn ab
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549