Seite - 342 - in Die italienische Literatur in Österreich - Von den Anfängen bis 1797, Band I
Bild der Seite - 342 -
Text der Seite - 342 -
Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im
Barock342
citeriore ragguaglio del nostro pensiero et intanto vi raffermiamo la Grazia nostra.
Di Vienna, li 17 di Novembre 1662.
Eleonora.603
Trotz dieser attraktiven Angebote findet aber Carlo de’ Dottori offenkundig keinen
Gefallen an den Bedingungen in Wien und kehrt nach Padua zurück.
Damit kommt für den Geburtstag des Kaisers am 9. Juni 1663 wieder Draghi mit
L’Oronisbe per musica. Compositione drammatica in der Vertonung von Pietro Andrea
Ziani zum Einsatz. Nach dem Mittagessen wird im Theater der Favorita diese Oper
in drei Akten mit Prolog und Licenza in elf Bühnenbildern von Burnacini und drei
Balletteinlagen von Ventura unter Mitwirkung von Herzog Karl IV. von Lothringen
und zwölf Kavalieren gespielt. Im Zentrum des an die im 17. Jahrhundert so belieb-
ten hellenistischen Romane erinnernden Geschehens steht das Schicksal von den
als Kinder verschollenen Zwillingen Teutrante und Eraclea, die einander unbekannt
unter falschem Namen in abenteuerlicher Weise begegnen und in leidenschaftlicher
Liebe entbrennen. Ganz im Stil der barocken Staatsaktionen werden große Lei-
denschaften wie Eifersucht und Wut an orientalischen Herrscherpersönlichkeiten
in ihrer ungehemmten Entfaltung vorgeführt und derart als zu gefährlich für die
menschliche Gemeinschaft dargestellt. Zivilisation, so die moralische Aussage dieser
Lehrstücke, bedarf immer der Mäßigung und, besonders bei den Führungspersonen,
der sich selbst überwindenden Großmut.
Erst am 18. November 1664 lässt sich wieder eine musiktheatralische Darbietung
zu einem Geburtstag, jenem von Eleonora, nachweisen: La simpatia nell’odio overo Le
amazoni amanti. Opera tragicomica per musica604 in drei Akten von Pietro Monesio mit
der Musik von Leopold I. Am 9. Juni 1665 wird für den Kaiser im Theater der Favo-
rita La Circe. Drama per musica in drei Akten mit Prolog, zwei Intermedien und Li-
cenza von Christoforo Ivanovich in der Vertonung von Pietro Andrea Ziani gespielt.
In den zehn Bühnenbildern von Burnacini und mit zwei Balletteinlagen von Ventura
bietet das Libretto den bekannten mythologischen Stoff um die antike Zauberin, wel-
che die Gefährten des Odysseus in Tiere verwandelt, weiter ausgesponnen und mit
den Liebesgeschichten anderer mythologischer Figuren verbunden. Von Egle, der
Schwester Circes, über den Meeresgott Glauco bis Pirro, den Sohn von Achilles, und
seine Frau Andromache werden die Gestalten in überraschenden Konstellationen um
die Protagonistin gruppiert und schließlich einer glücklichen Lösung zugeführt, wie
603 Busetto: Carlo de’ Dottori, S. 283.
604 Nur als Handschrift überliefert (ÖNB Cod. 9.956).
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549