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Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im
Barock356
Durch die Aufklärung der wahren Verhältnisse und der Treue von Ermegisto ge-
genüber Silandra erübrigt sich dies, und allegorische Figuren (L’Alba, sul Cauallo
Pegaseo – La Stella Lucifera) feiern im Schlussballett den Geburtstag von Leopold I.
Die Geburtstagsoper für Eleonora am 18. November 1675 steht mit einer aus Va-
lerius Maximus (Facta et dicta memorabilia VI,7,2) entnommenen Episode ganz im
Zeichen der Gattenliebe. Minatos Turia Lucretia. Drama per musica in drei Akten und
Licenza wird mit der Musik von Draghi und J. H. Schmelzer in sieben Bühnenbil-
dern von Burnacini und mit einem Schlussballett von Ventura, in welchem Erzher-
zogin Maria Anna und sechs ihrer Hofdamen tanzen, dargeboten. Die edle Römerin
Turia versteckt ihren vom zweiten Triumvirat verfolgten und zum Exil verurteilten
Mann in ihrem Haus. Tito bedrängt vergeblich die vermeintlich allein gebliebene
Turia mit seiner Liebe. Mit großer Standhaftigkeit aber auch mit List widersteht
Turia selbst angesichts der Drohungen von Lepido, wobei sie am Ende sogar die
Begnadigung ihres Mannes erreicht.
Nach dem Tod von Claudia Felicitas ist die nächste Geburtstagsoper am 7. Januar
1677 bereits der neuen Kaiserin Eleonore Magdalena Theresia gewidmet: nachmit-
tags wird im Landhaus von Linz Minatos Hercole acquistatore dell’immortalità. Drama
per musica in drei Akten in der Vertonung von Draghi und J. H. Schmelzer mit drei
Balletteinlagen von D. Ventura in sieben Bühnenbildern unter Einsatz von fünf Ma-
schinen von Burnacini gespielt. Darin wird aus der Herkules-Legende in Erinnerung
gerufen, dass dieser vom Schicksal für die Unsterblichkeit ausersehen ist, wenn er
bestimmte, von Euristeo auferlegte Prüfungen besteht. König Eurito verspricht ihm
Hilfe bei der Erlangung der goldenen Äpfel aus dem Garten der Hesperiden, wenn
er dafür seine Tochter Jole zur Frau nimmt. Nach Beilegung der durch die Götter
zusätzlich ausgelösten Konflikte gelingt dies schließlich Ercole und Jole gemeinsam,
und der Schlusschor weist auf die Weiterführung dieser Heldentaten durch Leopold
und Eleonore Magdalena Theresia hin. Der allegorische Schlüssel für die Personen-
konstellation ist offenkundig: Ercole steht für Leopold I., Jole für Eleonore Magda-
lena Theresia Neuburg von der Pfalz, und Eurito für ihren Vater, den Herzog von
Neuburg. Die goldenen Äpfel symbolisieren ohne Zweifel die ersehnten männlichen
Nachkommen Leopolds, in der Hoffnung, dass deren Wappenadler das christliche
Kreuz wieder nach Byzanz tragen und die Stadt von den Türken befreien werde.
Erst am 27. Juni 1677 – also mit beinahe drei Wochen Verspätung – wird Le-
opolds Geburtstag mit Minatos Adriano sul monte Casio. Drama per musica in drei
Akten und Licenza mit drei Balletteinlagen von D. Ventura in sieben Bühnenbildern
von Burnacini mit der Musik von Draghi, Leopold I. und J. H. Schmelzer gefeiert.
Wieder wird das Thema der Herrschertugenden behandelt, dieses Mal am Beispiel
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549