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Die italienische Aufklärung in
Österreich394
eine nationale Dimension und entsprechende Zielsetzungen, in deren Rahmen ne-
ben den Dichtern auch Philosophen und Wissenschaftler der galileischen Schule
als Mitglieder akzeptiert werden. Allen um die Modernisierung der italienischen
Literatur bemühten Mitglieder ist der Wunsch gemeinsam, sich von der manierier-
ten Künstlichkeit der Poesie von Giambattista Marino (1569–1625) zu distanzieren
und eine entschlossene Rückkehr zum Klassizismus sowie eine Wende zum cartesi-
anischen Rationalismus zu propagieren. Die angestrebten Ideale und deklarierten
Richtlinien für poetische Werke sind demnach – gemäß den französischen Vorbil-
dern – lexikalische Einfachheit, Klarheit in der inhaltlichen Gedankenführung sowie
stilistische Eleganz. Wie bereits angedeutet resultieren diese Maximen aus der Kon-
frontation mit der zeitgenössischen französischen Literatur, die mit ihrer Forderung
nach einer klassisch und rational ausgerichteten Kunst das kulturelle Panorama Eu-
ropas beherrscht und den als schlecht und überkommen definierten Geschmack des
spanischen und italienischen Barocks heftig bekämpft (vgl. oben die Entgegnung
Muratoris auf Bouhours).
Mit ihrer entschiedenen Forderung nach Überwindung des Marinismus etabliert
sich die Arcadia als Symbol einer neuen, nationalen italienischen Kultur, welche sich
den rhetorischen Extravaganzen und der angeblichen konzeptuellen Dekadenz des
Barocks entgegen stellt und im Sinne der vernunftorientierten Regeln nach einer
‚natürlichen‘ Poesie sucht, basierend auf einer unmittelbaren Zugänglichkeit der
evozierten Gefühle. Wie Giovan Mario Crescimbeni in seiner Storia dell’Accademia
degli Arcadi istituita in Roma l’anno 1690 (London 1804) programmatisch unter Beru-
fung auf die ersten Sprachakademien des 16. Jahrhunderts formuliert:
Quanto l’Italia fiorisse, e fosse piena d’uomini insigni nelle scienze nel secolo deci-
mosettimo a ognuno è palese, che a quelle attenda; ma egualmente palese è a’ pro-
fessori delle lettere amene quanto la condizione di queste fosse deteriorata, massi-
mamente circa l’eloquenza, e la poesia volgare. E sebbene l’antica purità loro, e il
loro decoro venivano gagliardamente sostenuti dalle nostre Accademie della Cru-
sca, e Fiorentina, e da varj letterati specialmente Napoletani, Bolognesi, e Romani;
nondimeno le più delle nuove scuole nello stesso secolo aperte tanto prevalevano
dappertutto, che per poco non venivano derisi que’ saggi vendicatori del buon
gusto Toscano, non che fossero da alcuno seguitati. Per liberare adunque l’Italia
da sì fatta barbarie, pensarono alcuni professori dimoranti in Roma d’instituire
un’Accademia a preciso effetto di esterminare il cattivo gusto; e procurare che più
non avesse a risorgere, perseguitandolo continuamente ovunque si annidasse, o
nascondesse, e in fino nelle castella e nelle ville più ignote e impensate. (S. 51f.)
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549