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Die italienische Aufklärung in
Österreich408
einem bei den bedeutendsten Komponisten seiner Zeit beliebten Librettisten. In
Zusammenarbeit mit Scipione Maffei (1675–1755), dem bereits erwähnten Antonio
Vallisneri und seinem Bruder Pier Caterino Zeno (1666–1732) gründet er 1710 das
angesehene Giornale de’ letterati d’Italia, ein Periodikum der Frühaufklärung unter
französischem und englischem Einfluss, welches er bis zu seiner lange hinausgezö-
gerten Berufung nach Wien680 leitet.
Zeno, dessen Wagen auf der Reise nach Wien umstürzt und der durch den da-
bei erlittenen Beinbruch mehrere Wochen in Pontebba Station machen muss, wird
am Kaiserhof ab 12. September 1718 offiziell mit einem Jahresgehalt von 4.000
Gulden als Poeta cesareo beschäftigt. Hier setzt er zunächst die schon 1705 in Ve-
nedig mit Ambleto. Drama per musica begonnene Zusammenarbeit mit Pariati fort,
aus welcher zahlreiche Opernlibretti entstehen, für welche Zeno meist die Hand-
lungsstruktur entwirft und Pariati die Texte ausformuliert.681 Landau teilt die Ein-
schätzung des Hofes, der Zeno zuerst als ersten Hofdichter vor Pariati, ihn dann
jedoch aus Rücksicht auf den Kollegen und Freund als Istorico e Poeta cesareo ohne
weitere Rangordnung führt: „Viel bedeutender als Pariati ist sein Freund Apostolo
Zeno, der ihn nicht nur als Dichter weit überragte, sondern sich auch als Histori-
ker, Alterthumsforscher und Kritiker auszeichnete.“682 Die Verhältnisse in Wien
scheinen ihm jedoch nur beschränkt zuzusagen: „Zeno’s Aufenthalt in Wien, der
nur von den Sommeraufenthalten in Baden und Mödling und einigen Reisen nach
Prag und Venedig unterbrochen wurde, dauerte bis zum Jahre 1729, in dem ihn
seine Kränklichkeit und hohes Alter bewogen, um seine Entlassung zu bitten.“683
Zeno empfiehlt Pietro Metastasio als seinen Nachfolger am Kaiserhof und kehrt
nach Venedig zurück, um dort seine frühere Tätigkeit als Schriftsteller und Jour-
nalist fortzusetzen (z. B. seine posthum veröffentlichte Abhandlung Dissertazioni
vossiane, cioè giunte e osservazioni intorno agli storici italiani che hanno scritto latinamente,
rammentati dal Vossio nel III libro ‚De historicis latinis‘, Venedig 1752), sowie sich der
Numismatik zu widmen. Im Juni 1731 hält er sich ein letztes Mal in Wien auf, wo
er in diesem Jahr im Hofkalender noch als Poet und Historicus geführt wird.684 In
den folgenden Jahren schickt Zeno weitere Libretti für Aufführungen am Kaiserhof
680 Erste Kontakte zu Pietro Antonio Bernardoni erfolgen ab 1698 und schon 1700 und 1705 ergehen an ihn
konkrete Einladungen von Seiten des Hofes; 1701 wird Zenos Temistocle. Azzione scenica in drei Akten mit
Musik von Marc’Antonio Ziani in Wien aufgeführt.
681 Vgl. die Einleitung (Ai leggitori) von Gasparo Gozzi am Beginn des neunten Bandes der Poesie drammati-
che von Zeno (Venedig 1744).
682 Landau: Die italienische Literatur, S. 47.
683 Landau: Die italienische Literatur, S. 50.
684 Pariati und Metastasio scheinen in zweiter Reihe als italienische Poeten auf.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549