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425Die
weltlichen Libretti der Generation vor Metastasio
Volpastro und Serpilla). Auf dem Höhepunkt dieser verkehrten Karnevalswelt wird
der als sein Herr Policare verkleidete Turbone zu einem grotesken Regenten, der
seine Unfähigkeit angesichts der ihm gestellten Aufgabe erkennt. In der elften Szene
des ersten Aktes erklärt er schon:
Vo pensando che il comando
è un gran peso a le mie braccia,
è un gran tedio a la mia testa.
Il poter campar regnando
sembra a molti una bonaccia
e a me pare una tempesta.713
Als er am Ende der Maskerade wieder in sein bescheidenes Leben zurück kehren
muss, fügt er sich in sein Schicksal: „Torno ad esser Turbon? Grandezze, addio.“
Das Publikum zeigt sich begeistert von den dramatischen Verwechslungen und den
spektakulären Kerkerszenen, was zu weiteren fünf Vorstellungen im Februar 1716
veranlasst. Das Werk wird in dieser Version 1726 in Preßburg und in einer neuen
Vertonung durch Caldara 1721 in Salzburg wieder aufgenommen.
Am 14. September 1716 wird am Teich der Favorita aus Anlass der Geburt des
ersehnten Thronfolgers, dem nur eine kurze Lebenszeit beschieden sein sollte, Pa-
riatis Angelica vincitrice di Alcina. Festa Teatrale in drei Akten mit der Musik von Fux
und Matteis in drei Bühnenbildern von Ferd. Galli Bibiena dargeboten. Der aus
Ariostos Orlando furioso übernommene Stoff wird um den dramatischen Kampf der
orientalischen Königin Angelica und der Zauberin Alcina um ihren afrikanischen
Liebhaber Medoro bereichert, wodurch effektvolle Kampfszenen und Tanzeinla-
gen in die Aufführung eingebaut werden können. Bradamante und Atalante stehen
Angelica bei, die mit Hilfe eines Zauberschildes schließlich über ihre Rivalin siegt.
Landau zitiert aus dem Theaterzettel zu der Aufführung:
Decorationen und Scenenverwandlungen: Im ersten Act: Zauberpalast Alcina’s
über einer Gold- und Edelsteinmine, glänzend illuminirt; im zweiten Act: zwei
schreckliche unbewohnte Inseln, ein feuerspeiender Berg, aus dem ein riesiges
Unthier herauskommt, auf dessen Rücken sich viele Ungeheuer mit Fackeln be-
finden, worauf sich der Vulcan in zwei Schiffe verwandelt; im dritten Act: die
glücklichen Inseln mit prachtvollen Gärten. Zum Schluss grosses Tableau: Das
713 Zitiert nach Gronda: La carriera di un librettista, S. 155.
Die italienische Literatur in Österreich
Von den Anfängen bis 1797, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die italienische Literatur in Österreich
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1797
- Band
- I
- Autor
- Alfred Noe
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78730-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 780
- Schlagwörter
- Italian Literature, Habsburg Monarchy, Libretto, Court Festivities
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 9
- I. Der italienische Humanismus in Österreich 27
- II. Der Petrarkismus und die Akademiebewegung in Österreich 79
- II.1 Petrarkismus und protestantischer Adel 81
- II.2 Die Rezeption der Madrigalistik an den Höfen 87
- II.3 Barocke Akademien 92
- III. Die religiöse Literatur von der Gegenreformation zur katholischen Frühaufklärung 99
- III.1 Reformorden aus Italien und ihre Volksmissionen 101
- III.2 Die kontemplative Literatur für Laien 114
- III.3 Die katholische Frühaufklärung 127
- IV. Die italienische Improvisationskomödie 135
- V. Die literarische Selbstdarstellung des Kaiserhofes im Barock 199
- V.1 Die Bedeutung der Historiographie 208
- V.2 Die Funktion der kaiserlichen Hofdichter 214
- V.3 Geistliche Musikdramen und Oratorien 218
- V.4 Die Rezeption des italienischen Musiktheaters zu Beginn des 17. Jahrhunderts 263
- V.5 Serenaden, Kammerfeste und andere Kleinformen 274
- V.6 Ballette und Einleitungen zu Balletten 293
- V.7 Aufzüge und Rossballette 302
- V.8 Musikalische Feste 305
- V.9 Faschingsopern 314
- V.10 Opern zu Geburts- und Namenstagen im Kaiserhaus 334
- V.11 Opern zu Geburten im Kaiserhaus 369
- V.12 Hochzeitsopern 375
- VI. Die italienische Aufklärung in Österreich 385
- VII. Von der Spätaufklärung zur Frühromantik 490
- VIII. Die Verbreitung der italienischen Literatur 531
- IX. Verzeichnis der Drucke 549